Eine der schönsten Instrumentationsstunden erhielt ich vor gar nicht so langer Zeit von einer wunderbaren Tänzerin, die in unserem Kolloquium an der Hochschule zu Gast war.
Eine der schönsten Instrumentationsstunden erhielt ich vor gar nicht so langer Zeit von einer wunderbaren Tänzerin, die in unserem Kolloquium an der Hochschule zu Gast war.
Auf die Frage, was für sie im Umgang mit Tänzerinnen und Tänzern in eigenen Choreografien entscheidend ist, sagte sie „I try to make them shine!“ Was für ein toller Satz. Da fielen mir gleich gefühlt 23.000 musikalische Beispiele aus jüngster Zeit ein, in denen die Ausführenden so gar nicht leuchten durften.
Ist das nicht komisch, denke ich mir da. Und vermutlich denke ich falsch. Aber … je häufiger ich im szeneüblichen Jargon Sätze höre, in denen es heißt, dass man „gesehen“ werden möchte, umso weniger interessant scheint jenes Individuum zu werden, das man eben nicht ist. Ich verallgemeinere unbotmäßig und schlicht: Mal ein schönes Solo für „jemanden“ im Orchesterstück? Nope – Ansätze dazu werden gern verhallt und übertüncht oder sind bloßes Material für einen Computer. Einzelstimmen verraten es: Wenn eine zweite Oboe nur drei mal „quiek“ macht und dann wieder 9.088 Takte Pause hat – herrje: Schenk ihr halt einen freien Tag. Die schöne Idee des „Interpretierens“, so schwant es mir, wird mal wieder zum bloßen „Exekutieren“.
Musikerinnen und Musiker sind allzu oft atmende Midi-Files … Auch das Dirigieren wird gern zum Click-Track-Organisieren degradiert – man sieht’s auch an der Gestik: Kaum einer benötigt eine linke Hand. (Neue Musik ist ohnehin zu 92 Prozent in BPM 60 komponiert – wieso eigentlich?) Also – lasst auch mal wieder andere leuchten, dann sehen wir besser.
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