Alptraum, oder? Ihre Mutter ruft an. Also nicht Ihre. Unsere, quasi. Kann mittlerweile jedem passieren. Selbst Campino, Herr der Toten Hosen, wurde mit „Hallo Herr Campino, hier ist Mutti“ heimgesucht. Bäh. Ich persönlich gehe ja seitdem nicht mehr ans Telefon. Passiert ist bekanntlich das Folgende. Komplett außer Rand und Band vom Wahlsieg, erlaubte sich die CDU am Wahlabend 2013 den Gassenhauer „Tage wie diese“ von den „Toten Hosen“ aus den Lautsprechern zu jagen. Immerhin. 2009 soll ja noch Gotthilf Fischer „Freude, schöner Götterfunken“ vor dem hemmungslos headbangenden Parteivorstand dirigiert haben.
Im Gegensatz zu früher ist Herr Campino aber jetzt dann doch schon ein wenig bräsig, wo denn seine Musik gespielt werden sollte. Seiner Ansicht nach nicht bei der CDU, weil schwerreiche Punks lieber FDP wählen.
Aber die FDP…, okay, lassen wir das. Allein der Gedanke an eine exzessive CDU-Party ist grauenhaft. Wie bitte muss ich mir das denn vorstellen? Volker Kauder auf „smokey eyes“ geschminkt an den Turntables thronend, die Headphones auf Halbmast, während die linke Hand eine Heino-Single im Stechschritt durch die Parteizentrale scratcht? An den Biertischen ein völlig aufgelöster Hermann Gröhe, Arm in Arm mit Volker Bouffier in die Tischkante moschend? Zwischen den Reihen eine Luftgitarre klimpernde Ursula von der Leyen in Camouflage auf Betroffenheitstour, weil sie von ihren elf Kindern weiß, welche Folgen sinnloser Alkoholmissbrauch haben kann? Und ganz hinten am Buffet grapscht Mutti herzhaft in die Schüssel mit Riesengarnelen, weil Messer und Gabel unbekannt. Doppel-Bäh.
Und überhaupt, was hören die noch so bei der CDU? Klar, Helene Fischer. Aber sonst? „Hier fliegen gleich die Löcher aus dem Käse“ mit Polonaise durch Kreuzberg? „Born in the USA“ mit Livestream ins Oval Office? Oder knödelt Konstantin Wecker live ein „Medley“ mit anschliessender Trüffelsuche in den Bundestagstoiletten, die Gerüchten zufolge aber seit jeher souveränes Territorium von Michel Friedman sind?
Nun denn. Fest steht, und da muss sich auch ein Herr Campino mal bezüglich seiner Berufswahl „Punk“ hinterfragen, dass die Queen nie bei den Sex Pistols angerufen hätte. Und die Sex Pistols wenigstens anstandshalber in den Hörer gerülpst hätten, bevor sie selbigen zum Bierflaschenöffner degradiert hätten. Wobei – so ein schwäbelnder Entschuldigungsanruf von Günther Oettinger bei Ice-T hätte schon seinen Reiz: „Hällo Mr. Ice-Tea, ser wos a problem on a IU fire wis woan of ior songsch.“ Wir alle wissen. Noch bevor Oettinger den Satz zu Ende gesprochen hätte, würde ihn Ice-T direkt durchs Telefon nach Harlem ziehen und eine sehr persönliche Ortsbesichtigung vornehmen. Das ist Punk. Und Attitüde.
Ach so. Frau Merkel soll sich übrigens mit folgenden Worten verabschiedet haben: „Campino, bist Du bitte um 23 Uhr zu Hause? Und ruf kurz durch, damit ich weiß, dass du sicher angekommen bist.“ Voll ätzend. Frohe Weihnachten.