So weit ist es also gekommen. Der Veranstaltungsort „Tonhalle“ in Düsseldorf wollte einen Heino-Auftritt nicht bewerben. Grund: Man störe sich an dem „etwas tümelnden Untertitel“ der Veranstaltung. Der lautet nämlich „deutscher Liederabend“. Aha. Heino, der der NRW-Heimatministerin ja gerne mal eine Liedersammlung mit Titeln aus dem „Liederbuch der SS“ überlässt (2019), und sein Manager finden den Untertitel weniger verwerflich. Jetzt aber langsam, Kamerad, äh Heino! So geht das nicht.
Auch für die Musikindustrie gibt es Compliance-Vorgaben. Sieben-Punkte-Programm? Schon gehört? Regelt die exakte Verwendung diverser Untertitel! Deshalb unterziehe ich den „deutschen Liederabend“ einer knallharten Prüfung.
1. Die Gendersternchen scheinen nach erster Inaugenscheinnahme berücksichtigt.
2. Auch die Frauenquote erfüllt der „deutsche Liederabend“, schließlich dürfen auch Frauen Konzerte besuchen.
3. Ist der „deutsche Liederabend“ klimaneutral? Schwierig. Vermutlich kommen ein paar Kilowatt aus erneuerbaren Energien. Der Rest direkt vom illegalen Braunkohlebagger neben der Halle. Aber das lassen wir durchgehen. Wie der Laschet die verschwundenen „Berlin“-Klausuren.
4. Sind mit dem Untertitel „deutscher Liederabend“ Gefühle vegan lebender Menschen oder Menschinnen verletzt worden? Müsste man beim nächsten Parteitag der Grünen klären. Auf den ersten Blick aber nicht.
5. Ist Heinos Liederabend DSGVO-konform? Die Top- Datenschützer der sozialen Netzwerke signalisieren: Daumen hoch.
6. Wurde mit dem Untertitel „deutscher Liederabend“ der Brandschutz berücksichtigt? Brenzlig. Doch der Kommandant der örtlichen Feuerwehr wird nach einer gründlichen Inspektion und einer Bierspende von drei Hektolitern Alt bestimmt nicht schwarzsehen – ups – wollte sagen, grünes Licht geben.
7. Bleibt die Impfreihenfolge. Hat Heino mit seinem „deutschen Liederabend“ gegen die Impfreihenfolge verstoßen? Da gehen die Meinungen unserer Top-Virologen und Top-Kindermediziner auseinander. Muss letztendlich Top-Impfologe Mertens („Geimpft wird nach Dienstgrad“) entscheiden.
Aber sonst? Ich finde, wenn die Compliance-Inquisition sicherstellt, dass niemand und niemandin extrem empört ist oder sich diskriminiert fühlt, wäre es im Bereich des Vorstellbaren, eine Musikveranstaltung im Jahr 2021 mit dem Untertitel „deutscher Liederaband“ zu versehen. Vorschlag zur Güte. Könnte man den Untertitel nicht ergänzen, zum „traditionell deutschen Liederabend“? So könnte man die Compliance aushebeln. Die Teilnahme wäre ausschließlich deutschen Staatsbürger*innen vorbehalten. Ausnahme: argentinische Staatsbürger*innen mit deutschem Schäferhund in strammer Erblinie. Das Catering (Bier nach Reinheitsgebot, Eisbein mit Sauerkraut) wird traditionell in Uniform eingenommen. Dazu singt man traditionell deutsche Lieder. Dagegen kann doch niemand etwas haben, oder? Deswegen schließe ich mit Karl Valentin: „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen“.