Wenn du nicht mehr weiter weißt, dann gründe einen Arbeitskreis. Dachten sich U2. Ergebnis: Vierzig ihrer Asbach-Uralt-Songs wurden neu aufgenommen. Böse formuliert: Es geht straight Richtung 70. Und Thrombose-Strümpfe. Euphemistischer ausgedrückt: Was tun, wenn der afrikanische Kontinent mit Brunnenbohrlöchern durchsiebt ist, wenig arme Menschen gerettet wurden und weltweit allen Apple-Nutzern im Stile einer digitalen Kaffeefahrt ein mediokres U2-Album aufgeschwatzt wurde? Warum können U2 nicht einfach wie alle anständigen Rentnerinnen und Rentner die Supermarktkassen dann belagern, wenn andere von der Arbeit kommen?
Oder am Sonntag – mit Hut auf dem Kopf – eine Autobahnspur mit 69 km/h blockieren? Einfach nichts tun. Das wäre eine Option, lieber Bono, Edge, Adam und Larry. Oder kennt ihr Installateure, die nach vierzig Jahren Maloche ihre vierzig hübschesten wie selbstverständlich unverschuldeten Sanitärunfälle neu auflegen? Oder Steuerfachkräfte, die ihre vierzig mafiösesten Bilanzfälschungen noch einmal veröffentlichen? Oder Pflegekräfte, die ihre vierzig daneben gegangensten Spritzen noch einmal neben frische Venen rammen möchten? Na also. Aber U2, einst in den Ruinen irischer Schulhöfe gegründet, kann offenbar nicht nichts tun. Statt ein Demonstranten-Dorf an einer Abrisskante zu finanzieren, zucken sie mit ihrem Potpourri-Album „Songs of Surrender“ ein letztes Mal. Nicht unähnlich den vielen Ü70igern, die sich auf der lokalen U40 Oldies Night (Tatort: Pfarrheim) einschleichen und kurz vor 21.30 Uhr zu Shakin’ Stevens’ „You drive me crazy“ noch einmal die frischen Hüften wahlweise die neu zementierten Kniegelenke kreisen lassen. Bis der Bufdi (früher: Zivi) langsam die Rampe des Sprinters mit den orangen Lampen herunterfahren lässt. Machen wir uns nichts vor. Wir alle blicken dem Karriereende entgegen. Doch speziell bei alternden Musikern kreist stets die Frage „Wie würdelos darf es sein?“, ähnlich einem Aasgeier, über die noch lebenden Kadaver. Madonna hat sich beispielsweise entschieden, ihr Gesicht in Stein meißeln zu lassen. Also ihr noch lebendes Gesicht. Andere wie AC/DC ersetzen verstorbene Bandmitglieder gnadenlos mit Nachwuchs aus der Familie des Verstorbenen. Doch im Ernst: Wohin mit den alten Musikern? Da schließt sich der Kreis wieder mit U2. Nach Las Vegas soll es gehen. Hurtig-Postschiff Routen sind nämlich out. Zurzeit verhandeln U2 über eine Residency-Show in Las Vegas. Bedeutet: Betreutes Wohnen auf der Bühne, wo einst Siegfried & Roy ihre Tiger durch Reifen peitschten. Immerhin kümmern sich U2 selbst um einen Platz im Seniorenheim und belasten die Familie nicht damit. Und das mit den Reifen fällt ja flach. Weil bestimmt einer Knie hat. Oder Rücken. Da wird höchstens über Gehhilfen gestolpert. Und für die Dritten ein Smoothie mit Guinness-Geschmack gereicht. Nun ja, jeder Tag ohne Zettel am Zeh ist ein guter Tag. Dachten sich U2. Und gründeten.