Gut möglich, dass dieser Kommentar bei seinem Erscheinen bereits überholt ist. Denn in Köln geht es mal wieder drunter und drüber, die Ereignisse und Last-Minute-(Fehl-)Entscheidungen überschlagen sich. Als sei sie mit dem Einsturz des Historischen Archivs nicht schon genug gebeutelt, riskiert die Stadt den nächsten Scherbenhaufen. Diesmal geht es um die Oper, ihre Finanzierung und ihren Intendanten Uwe Eric Laufenberg. Vorerst letzter Stand: Laufenberg hat die Stadt, vielleicht, weil er den Druck erhöhen wollte, vielleicht, weil er erschöpft ist von dem aufreibenden Hin und Her, um die vorzeitige Auflösung seines bis 2016 gültigen Vertrags zum Ende der Spielzeit 2012/13 gebeten. Und die Stadt hat zugestimmt. Aber es noch nicht geschafft, ihm das entsprechende Schriftstück zuzustellen.
Ein Ende im Chaos. Nachdem es lange nach einem Chaos ohne Ende ausgesehen hatte: Das Ende eines kulturpolitischen Streits, den die rot-grüne Stadtspitze über Wochen mit dem Intendanten geführt hatte, das Ende eines zähen Geschachers um Geld, mit dem sich Verwaltung und Politik von ihrem mit dem Engagement von Laufenberg bekundeten Anspruch, wieder ein künstlerisch tonangebendes, über das Rheinland hinausstrahlendes Musiktheater aufbauen zu wollen, scheibchenweise verabschiedeten, das Ende auch unseriöser Finanzierungspläne, die in dem Vorschlag gipfelten, die Oper solle selbst einen Kredit aufnehmen, und das, obwohl alle Beteiligten wissen, dass das Institut ihn niemals würde zurückzahlen können. Denn das Haus ist unterfinanziert, wie stark, das hat Laufenberg immer wieder betont und bemängelt und zuletzt noch einmal detailliert dargelegt: Sowohl im Vergleich zum Schauspiel, mit dem es sich einen Zuschuss in Höhe von etwa 49 Millionen (im Verhältnis 29 zu 19) teilt, wie auch und vor allem im Vergleich zu den Opernhäusern konkurrierender (und kleinerer) Städte wie Stuttgart, Frankfurt oder Dresden.
Das Ende aber vor allem einer insgesamt erfolgreichen und sehenswerten Arbeit, denn Laufenberg hat die Kölner Oper, seit er sie 2009 übernahm, reanimiert und zu einer überregional wieder beachteten Adresse gemacht, und das unter künstlerisch wie organisatorisch schwierigen Voraussetzungen. Denn das Haus am Offenbachplatz muss saniert werden und das Ensemble mindestens drei Jahre lang auf insgesamt acht Außenspielstätten ausweichen. Laufenberg hatte diese Herausforderung angenommen und ein Interim geplant, das das Beste daraus zu machen versprach. Und jetzt? Wer will die Oper in dieser Situation übernehmen, wer kann sie retten vor einer Stadtverwaltung, die, wenn sich die Baumaßnahmen ähnlich lange hinziehen wie beim Rautenstrauch-Joest-Museum, den Fortbestand des Musiktheaters gefährdet? Kölns Oper steht am Abgrund, mit Laufenberg geht nicht einfach nur der Intendant, eine vielversprechende Aufbauarbeit wird vernichtet, künstlerisches Kapital wird verbrannt.
Köln leistet sich die nächste kulturpolitische Blamage. Welch groteske Züge sie annimmt, das hat die Pressekonferenz, auf der Laufenberg (nur) die Pläne für die neue Spielzeit vorstellen wollte, bereits angedeutet. Eine Stunde vor dem Termin, so eröffnet er den versammelten Journalisten, habe er einen Brief des Kulturdezernenten erhalten, den er dann verliest: „In jedem Fall weise ich Sie an, heute nur das anzukündigen, was mit dem jetzt genehmigten Zuschuss zuzüglich der zu erzielenden Einnahmen realisiert werden kann“, heißt es darin. Laufenberg hält sich zunächst daran. Eine einzige Produktion sei, so sagt er, finanziell und auch vertraglich gesichert: „Die Macht des Schicksals“ von Giuseppe Verdi werde am 16. September im Musicalzelt hinter dem Hauptbahnhof, das als Ausweichquartier angemietet und dann „Oper am Dom“ heißen wird, in der Regie von Olivier Py Premiere haben. Dann macht er das, was ein Intendant, der noch einen Rest Selbstachtung hat, nur machen kann, wenn ihn sein Dienstherr derart bevormundet. Er stellt seinen Spielplan unter Vorbehalt vor: „Ich erzähle, was geplant war, die Anwälte schreiben ja mit.“
Welche dieser Inszenierungen noch Premiere haben, ob überhaupt noch weitere herauskommen werden, bleibt offen. Wie die Zukunft der Kölner Oper.