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Nur auf die Marke kommt es an

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Die Neue Musik ist angekommen: bei der maßgeblichen Instanz, die heute gesellschaftliche Relevanz misst, bei der Fernsehwerbung. Zwei namhafte Fahrzeughersteller benutzen zeitgenössische Musik als Werbeträger für ihre Produkte aus der unteren bis gehobenen Mittelklasse. Ein Ford Focus wird mit Szenen aus einer futuristischen Konzert-Uraufführung inszeniert, ein Mercedes-Kombi spielt die Hauptrolle in einer fiktiven Opernstory. Zwei Auto-Marken, die darauf setzen, ihr Image via Musik an den Kunden zu transportieren.

Dass es auf die Marke ankommt, ist auch im Musikbetrieb zu konstatieren. Der Komponist von heute kann sich erst etwas zurücklehnen, wenn er zur Kulturmarke avanciert ist. Bis dahin muss seine Businesstrategie heißen: präsent sein. Präsenzlücken werden sofort von neuen Talenten geschlossen. Was dem Autohersteller die Modellfolge ist, ist dem Komponisten der Folgeauftrag. Und das Tempo zieht an: das Resultat sind 1,7 Uraufführungen täglich in Deutschland, die aber ohne Folgeaufführungen meist folgenlos bleiben.

Neue Musik als Teil des Marktgeschreis – soll man sich nun darüber freuen, dass sie inzwischen gesellschaftlich akzeptiert ist? Oder ist damit die viel zitierte postmoderne Beliebigkeit endgültig zementiert? Ist die Widerspenstigkeit gegen Kommerz und Kulturindustrie, aus der Neue Musik und Jazz stets ihre Vitalität bezogen haben, als Energieressource endgültig versiegt und dient nur noch als Pointe für den Werbespot?

Wie weit aktuelle Musikproduktion und Markt immer noch auseinander liegen, zeigte die Einladung von nmz und nmzMedia zu einem Messegespräch an die Komponisten Charlotte Seither, Krzysztof Penderecki, Samir Odeh-Tamimi, Jan Müller-Wieland, Johannes Maria Staud und Robin Hoffmann. Obwohl sie doch die eigentlichen Auslöser dieser musikalischen Verwertungskette sind, war die Messe für beinahe alle Komponisten eine Premiere. Vom Lärm des Betriebs überwältigt saßen sie vor der Kamera bei ConBrio in der Halle 3. Nach dieser ersten Schreckreaktion zeigten sich ganz unterschiedliche Bewältigungsstrategien. Die einen sehnten sich zurück ins ruhige Komponierzimmer, die anderen nutzten die Gelegenheit und erforschten das Treiben um die Noten. Was die Konfrontation von Künstler und Kommerz ergeben hat, wissen wir noch nicht. Ob wir uns auf so launige und qualitätsvolle Produktionen wie das Radiostück von Mauricio Kagel „Playback Play“ (1996/97) freuen dürfen?

Kagels Kommentar: „Im Frühjahr 1996 besuchte ich zum ersten Mal eine Musikmesse. Die vielfältigen Aspekte einer solchen Veranstaltung, in der Instrumente und elektronische Geräte ausprobiert werden und musikalische Darbietungen aller Art zur gleichen Zeit stattfinden, wo die Neugierde des Kunden, das auftrumpfende Angebot der Fachgespräche sich zu einem unerhörten Kontinuum vermischen, haben mich zu dieser Komposition inspiriert.“ Mauricio Kagels Idee schreit geradezu nach einer Fortführung. Die nmz denkt deshalb darüber nach, 2009 in Medienpartnerschaft mit einem Autohersteller einen Kompositionswettbewerb „Into Musikmesse – das Messecamp der nmz“ zu initiieren. Junge Komponisten werden für vier Tage in verschiedenen Hallen der Messe zu einem Überlebenstraining ausgesetzt und sollen, angeregt durch diesen ästhetischen Schock, ein Stück für Alphorn, Harmonika, Fachbesucherchor, Schlagwerk und Lightshow komponieren. Szenische Elemente wie Massenszenen mit Schulklassen und Ähnliches sind erwünscht. Die Kompositionen müssen den Richtlinien der neuen EU-Lärmschutzverordnung entsprechen.

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