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Offensichtlich keinerlei Problembewusstsein vorhanden

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Zur Dokumentation der taktlos-Sendung „Ist der Gesellschaft guter Musik-Rat zu teuer?“, nmz12/01-0102, S. 7
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Mit Interesse habe ich verfolgt, welche Äußerungen die Herren Lange, Piendl und Rietschel in Ihrer Radiosendung „taktlos“ gemacht haben.

Mit Interesse habe ich verfolgt, welche Äußerungen die Herren Lange, Piendl und Rietschel in Ihrer Radiosendung „taktlos“ gemacht haben. Ich denke, die Aussagen stellen einen Offenbarungseid dar, wie man ihn sich deutlicher nicht vorstellen kann. Vor allem Musikrats-Vizepräsident Lange scheint zur Situation des Deutschen Musikrates keinerlei Problembewusstsein zu besitzen. Durch massiv veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen sind neue Aufgabenfelder für Verbände entstanden.
Die Pluralisierung und Partikularisierung von Interessen erfordern auch eine Partikularisierung in der Interessenvertretung. Dies bedeutet, dass der Deutsche Musikrat als Organisation aller Sparten des Musiklebens seine Berechtigung als Interessenvertretung gegenüber Medien, Politik und Offentlichkeit immer wieder neu beweisen muss.

Ich bin mir sicher, dass die jetzige Ausrichtung der Arbeit und die Schwerpunktsetzung eine Legitimation derzeit kaum gestatten würden.

Über 1,3 Millionen Menschen sind in rund 18.000 Orchestern in unserem Verband organisiert. Diese Mitglieder erwarten von uns – und damit erwarten wir von unserem Dachverband – eine effiziente Unterstützung bei der musikalischen Arbeit vor Ort. Diese kann in drei Ausprägungen erfolgen:

1. Die musikalisch-inhaltliche Weiterentwicklung, Förderung und Beratung, wie sie zumindest zufriedenstellend momentan angeboten wird. Sicher könnte es auch hier zusätzliche Angebote geben, die näher an der Nachfrage positioniert sind.

2. Das Angebot von organisatorischen Service- und Beratungsfunktionen stellt eine weitere wichtige Aufgabe dar. Die Bereitstellung von Internetleistungen, Informationen über rechtliche, steuerliche und organisatorische Fragen, der Abschluss von wirtschaftlichen Rahmenverträgen, auch für die Mitgliedsverbände, können hierfür Beispiele sein.

3. Die Interessenvertretung gegenüber Politik und Öffentlichkeit schließlich ist die wichtigste Säule der Verbandsarbeit. Aus eigener Erfahrung weiß ich inzwischen, dass die Musikorganisationen nicht per se hinter den Sportverbänden zurückstehen, wie häufig argumentiert wird. Vielmehr ist die Schüsselfrage die, nach der Bereitstellung ausreichender Kapazitäten und Kompetenz sowie die Konzeption und Umsetzung eines schlüssigen Lobbying-Konzeptes. Von all diesen Herausforderungen war in den Äußerungen der Entscheidungsträger dieses Verbandes bislang kaum etwas zu hören, überzeugende Lösungsansätze fehlen ganz.

Statt nun in einem breit angelegten Verfahren unter Einbindung der Mitglieder (die übrigens die Existenz einer jeden Organisation legitimieren) die Versäumnisse des letzten Jahrzehntes aufzuholen und den Musikrat auf eine neue Ausrichtung zu trimmen, fehlt dem Präsidium der Mut, die immer wieder gewagten Ansätze offensiv zu unterstützen und der Umsetzung das notwendige Management Commitment zu erteilen. Vielmehr scheinen sich auch im vergangenen Quartal eine Reihe von offensichtlichen Managementfehlern ereignet zu haben: Nicht weniger als dreier Versuche bedurfte es, eine Übergangsvertretung für die ausgeschiedene Generalsekretärin zu benennen. Monatlich wechselnde Ansprechpartner in unserem Dachverband tragen weder bei Mitgliedern noch bei Außenstehenden und öffentlichen Förderern zur Vertrauensbildung bei. Gerüchte um staatsanwaltliche Verfahren und Untersuchungen der Prüfbehörden tun ein Übriges. Für die Mitglieder der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e.V. (BDM) erbringt die Mitgliedschaft im Deutschen Musikrat derzeit keinen Mehrwert. Die Radiosendung hat einmal mehr bewiesen, dass es primär nicht um (bei Ehrenamtlichen verzeihliche) Managementfehler geht, sondern das Bewusstsein für die Problemfelder und deren Lösungsansätze offensichtlich nicht vorhanden ist. Ich denke, die verantwortlichen Mitglieder der Führungsgremien sollten sich nach mehrfach ungenutzten oder gar verpatzten Chancen ernsthaft überlegen, die Verantwortung für den Stillstand zu übernehmen und den Mitgliedern in einer vorgezogenen Hauptversammlung im ersten Halbjahr des Jahres 2002 die Vertrauensfrage zu stellen. Es wird höchste Zeit, dass wir den Musikrat gemeinsam zeitgemäß umgestalten. Schaffen wir das nicht, müssen wir ernsthaft die Frage seiner Existenzberechtigung stellen.

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