Natürlich wird der ECHO 2007 ein Drama. Die Veranstaltung bettelt um Aufmerksamkeit, doch die angekündigten Gäste sowie die vorab lancierten Geschichtchen lassen schon jetzt auf ein Langweile-Fiasko schließen. Da wäre Yvonne Catterfeld: offensichtlich doch noch Sängerin, ECHO-Moderatorin und Zahnmodell. Ihr Kiefer wurde rechtzeitig vom chirurgischen Bautrupp mit Stichling und Brecheisen gerade genietet, berichtet die BILD-Zeitung in dicken Balken. Glück gehabt: die ECHO-Moderation steht. Schließlich ist die Gute noch für die Kategorie „Rock/Pop – Künstlerin des Jahres national“ nominiert. Dass Bohlens Mädchen 2006 oder im Jahr davor einen Hit hatte, mag man gar nicht mehr glauben, denn Aufmerksamkeit erregte sie nur durch eine Beziehung zu Howard Carpendales tanzendem Sohn, eine Art Detlef „Dee“ Soost für Mittelständler.
Selbst die Ankündigung, „Take That“ und „Simply Red“, zwei ausgemusterte und Schabracken des Popozeans, würden nagelneue Songs präsentieren, fällt eher unter die Kategorie „Jämmerlichstes Eingeständnis national, dass kein wirklicher Weltstar zum ECHO möchte“. Ach ja, „Die Fantastischen Vier“ scheinen auch dabei zu sein. Doch die ähneln langsam Co-Moderator Oliver Geissen. Der ist überall dabei, die sind überall dabei. Keine Quiz-, Talk-, Funsport- oder ultimative Show ohne Smudo.
Dass Jennifer Lopez, Freunde nennen sie JLo, zum ECHO 2007 kommt, ist eher eine Umweltverschmutzung als Unterhaltung, denn wer mag sich noch freiwillig an ihren letzten Hit erinnern? Ob sie ihr neues Lied dann in Spanisch oder Suaheli singt, ist egal. Das Drama liegt an anderer Stelle eingezwängt. Denn JLo reist nicht alleine. Im Gepäck: 3 Pudel-Coiffeure, 7 politisch korrekte Leibwächter, 13 Maskenbildner und ein Chirurgen Team mit gezogenen Botox-Spritzen. Ein immenser Aufwand für eine Playback-Show, denn wie wir Fluglotsen wissen, kostet der Einflug der Diva einen Ausstoß von 560 Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids CO2 und 16 Tonnen Kerosin. One way. Kann sich da nicht Bundesumweltengel Gabriel einschalten? Der war doch mal Popminister. Soll er doch mal was Sinnvolles verbieten.
Das größte Unterhaltungs-Drama an sich bleibt freilich der ECHO. Bewertungsgrundlage sollen die von Media Control ermittelten Bestplatzierten der Top-10-Album-Charts vom 01. März 2006 bis 22. Februar 2007 sein. Aber Moment: Weint die Deutsche Phonoindustrie nicht seit Jahren, dass es gar keine Plattenkäufer mehr gibt? Woher haben die dann die Zahlen? Kaufen die Künstler wieder selbst ihre Platten? Wo ist eigentlich Jeanette Biedermann? Irgendwie scheint das Konzept nicht zu stimmen. Keiner kauft Platten, aber die, die nicht kaufen, sind ausschlaggebend für den ECHO. Vorschlag: Bitte die Bewertungsgrundlage ändern. Warum nicht die Künstler mit den meisten Downloads auszeichnen? Separiert in die Kategorien „Legal“ und „Illegal“. Das gäbe ein zeitgemäßeres Unterhaltungs-Bild, eine jüngere Zielgruppe und die große Spannung, welche immer wieder für irgendetwas ausgezeichnete Größen endlich von der Bühne gekegelt würden. Der ECHO 2007 bleibt also weiterhin der Humus für Biederkeit. Übrigens: Ralph Siegel erhält den ECHO für sein Lebenswerk. Wie dramatisch.