Bis vor einem Monat machte im Internet das Schlagwort, beziehungsweise internetisch, der Hashtag #TrendwendeKlassik die Runde. Es hatte den Anschein, als könnte man an so vielen Stellen einem Aufblühen der klassischen Musikszene beim Wachsen zusehen. Auslastungen von Theatern, Initiativen im Konzertbereich, alles sah nach glücklichem Wachstum aus. Man las: „#TrendwendeKlassik ermöglicht durch Boom der #Musikvermittlung“ oder „Ermutigende Umfrage: knapp die Hälfte der Menschen in Deutschland ‚hört gerne Klassik‘“. Und dann dreht ein Virus den gesamten Trend innerhalb von wenigen Tagen um. Nicht nur hier, sondern weltweit.
Das Konzertleben ist verstummt. Für wie lange? Das kann im Moment niemand sagen. Aber die Musikkultur ist ein Stehaufmännchen oder -weibchen. Wenn sie darf, wird die Musik wiederkommen mit einer Wucht, Energie und Intensität, wie man sie zuvor nicht gekannt hat. Das ist hoffentlich sicher. Die Frage könnte aber sein: Wie wird das Publikum reagieren? Wird es nach den Hungerwochen oder vielleicht -monaten nicht doch Zweifel bekommen haben an manchen Auswüchsen, die sich vor allem in den letzten 100 Jahren etabliert haben, am bloß kommerziellen Wischiwaschi, an dem Paradigma ungebremsten Wachstums und Fortschritts? Gegenwärtig erträgt man noch die blödesten Witze und schlechtesten digitalen Hauskonzerte mit einer gewissen Gleichmut. Aber, das stillt unseren Hunger nach einem wärmenden und geistig wie sinnlich nährenden Kulturleben nicht auf Dauer. #Trendwendewegvomtrend.
Es bleibt einem ja nichts anderes übrig, als in das Mantra einzustimmen, die „Krise als Chance“ zu sehen, wenn man schon dem Angriff der wieder einmal unbeherrschbaren Natur etwas abgewinnen will, der so viele menschliche Opfer erzeugen wird. Alles, was man aus dieser Situation wird mitnehmen können, wird das Resultat eines Zwangs der Fakten sein, auf die man leider nur reagieren kann. Das bleibt ein furchtbarer Makel für alles, was kommen wird.