Theater enthält in vielen seiner besten Momente eine Attacke: es führt Missstände vor; es bildet einen Spiegel für das davor sitzende Publikum und womöglich die ganze Gesellschaft; es entlarvt Fehlverhalten; es reißt Mächtigen wie Verblendeten die Maske herunter - oder setzt ihnen eine Maske bis hin zur Narrenkappe auf. Jede und jeder Theaterfreund:in musste darüber schon nachdenken und hat es hoffentlich erlebt und dann durchdacht. Leider gibt es nun in Frankfurts Opernszene einen eklatanten Missgriff – ausgerechnet von einer farbigen Frau im Aufsichtsrat der Oper, die gleichzeitig Vorsitzende des Kulturausschusses der Stadt ist.
Profilneurose entlarvt Unverständnis – „Blackfacing“-Attacke gegen die Frankfurter Opernpremiere
Daran kann nur Anstoß nehmen, wer „Theater“ fundamental nicht verstanden hat: da steigt jemand auf eine Kiste, ein Podium oder eine hochentwickelte Bühne, wirft sich eventuell etwas über und schmiert sich Farbe ins Gesicht – damit verwandelt er sich grundlegend! Das ist dann mitnichten eine reale Person, ein reales Gesellschaftsmitglied oder Angehöriger einer diskreditierten Minderheit – und muss erst recht nicht von einer sich als „Retter“ missverstehenden Politik „in Schutz genommen werden“. Folglich können Verbrecher dort oben stehen, von bluttriefenden Herrschern über Hitler, Stalin hin zu Pol Pot oder Pinochet oder Sadam Hussein oder Idi Amin – bühnengerecht geschminkt – dann auch als goldiges Engelchen oder blutüberströmt-entstellte, aber „Heil versprechende“ Märtyrer:in… Wer will da wegen Lug und Trug und Diskriminierung nach Richter und Polizei rufen? Wer immer da eine Anwandlung zum – irregeleiteten – Moralapostel verspürt, erst recht aber eine verantwortungsvoll denkende und hoffentlich dann erst handelnde oder sich öffentlich äußernde Politiker:in: ihnen allen ist als Pflichtlektüre Kurt Tucholskys unsterblicher Text von 1919 „Was darf die Satire?“ als Pflichtlektüre aufgegeben: lesen – verstehen – und dann Tucholskys späten Satz beherzigen: „Und daher: Werde ich erst amal das Maul halten.“
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