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Reihe 9 im Staatstheater Saarbrücken. Foto: mku

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Reihe 9 (#14) – Privatvorstellung

Vorspann / Teaser

Hoch will man hinaus. Dieser Tage hat das Österreichische Weltraum-Forum eine kleine Mars-Expedition gestartet – natürlich probehalber und für nur drei Wochen in der Wüste des Oman. Einmal mehr geht es hier darum, vor den nächsten Schritten Erfahrungen zu sammeln: beim Arbeiten und Leben in schwierigem Terrain, in hinderlichen Anzügen, rund um die Uhr und von der Außenwelt wenn nicht abgeschnitten, so doch sichtlich getrennt. Fraglos werden diese Wochen auch psychologisch eine Herausforderung, denn auf kleinstem Raum ist miteinander auszukommen. Und voller Stolz wird schließlich verkündet, dass bei dieser Mission Menschen aus annähernd 20 Nationen beteiligt sind.

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Wer aber zum Mars will, muss nicht erst in die Wüste. Nimmt man die Tätigkeitsbeschreibung und das Experimentierfeld dieser Analog-Astronauten ernst, so könnten die aufwendigen Studien getrost auch in einem der weltweit 560 Opernhäuser mit vermutlich identischem Ergebnis durchgeführt werden. Auch hier gilt es, unter schwierigen Bedingungen nicht nur jede Vorstellung glücklich über die Bühne zu bringen, sondern auf lange Sicht zu planen: Manche Häuser tun dies vier bis sechs Jahre im Voraus. Zudem ist es ein kleiner Kosmos für sich: mit genau getakteten Dienstplänen, Inszenierungen, bei denen alles wie am Schnürchen laufen muss, allerlei Handwerk und Werkstätten, und Improvisationstalent, falls dann doch einmal etwas schiefgeht. Und es menschelt an allen Ecken und Enden … Wer es nicht glaubt, dem sei der aufschlussreiche Blick in Petra Morsbachs Opernroman anempfohlen.

Dass aber nicht nur seit Kurzem Starman unbehelligt durch die Weiten des Alls zieht, sondern auch so mancher Opernabend zu einer Privatvorstellung wird, war kürzlich am Staatstheater in Saarbrücken zu erfahren. Der Blick ins deutlich leere Parkett wie auch auf die Ränge nährte gar die Vermutung, dass sich möglicherweise mehr Personal im Orchestergraben, auf und hinter der Bühne befand als Publikum im Auditorium. Erlebt habe ich das schon einmal und noch viel grausamer für die Sängerinnen und Musiker bei einer Wozzeck-Vorstellung vor mehr als 20 Jahren. Wer von außen kommt, kann die Hintergründe nicht einmal erahnen. Weder Wagner noch Mozart standen jedenfalls auf dem Programm, sondern Der Sturm von Frank Martin (nach William Shakespeare). 1955 in Wien uraufgeführt, handelt es sich deutlich hörbar um kein Werk der Avantgarde – obwohl es doch sehr zeitgemäß ist. War es also der Name des an der Saar noch zu unbekannten Komponisten? Oder liegt es an der Oper selbst, zu der sich nicht einmal ein Wiki-Artikel (deutsch) findet – und man diesen auch nicht im Vorfeld geschrieben hat? Ist tatsächlich das Publikum so eingefahren, so wenig neugierig, vielleicht auch so wenig kundig?

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Frank Martin: „Der Sturm“ am Staatstheater Saarbrücken. Weitere Vorstellungen: 9. Februar, 4., 14., 22. und 25. März 2018. Foto: Kaufhold

Frank Martin: „Der Sturm“ am Staatstheater Saarbrücken. Weitere Vorstellungen: 9. Februar, 4., 14., 22. und 25. März 2018. Foto: Kaufhold

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Vielleicht gab es auch ganz andere Gründe, und jeder wird seine Berechtigung haben. All jenen aber, die nicht gekommen waren, möchte ich nach diesem wirklich grandiosen Abend nur dringend empfehlen, sich einen Platz für die noch folgenden Vorstellungen zu sichern (übrigens mit deutsch-französischer Übertitelung). Ein hervorragend eingestelltes Ensemble, ein vorzüglich aufspielendes, seinem Namen Ehre machendes Staatsorchester, eine Inszenierung, die sich nicht verkünstelt, sondern die es wegen ihrer subtilen Bezügen mindestens zweimal anzusehen lohnt. An jenem Abend gab es jedenfalls reichlich Applaus und viele Bravo-Rufe. Es muss nicht immer My Fair Lady, Così fan tutte oder Nabucco sein. Man muss nur selbst ein wenig aus der Hörbequemlichkeit herauskommen, um dann fremde Namen, unbekannte Werke und neue Harmonien zu entdecken.

Über Reihe 9

Immer am 9. des Monats setzt sich Michael Kube für uns in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, manchmal aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb. Die Folgen #1 bis #72 erschienen von 2017 bis 2022 in der Schweizer Musikzeitung (online). Für die nmz schreibt Michael Kube regelmäßig seit 2009.

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