Warum nur erscheinen zu runden Geburts- und Gedenktagen immer diese allumfassenden Handbücher und Enzyklopädien? Sicherlich: Wer auf der Höhe der Zeit ist oder es zumindest sein will, der wird bei solch repräsentativen Unternehmungen gerne zugreifen, zumal wenn diese aus gutem Hause und versierter Feder stammen.
Reihe 9 (#35) – Alle Zehne
Dort schloss die örtliche Mozartgesellschaft im 50. Jahr ihres Bestehens das 44. Schwetzinger Mozartfest mit einem eigenen Streichquartett-Marathon ab. Die innerhalb des Festes kurioserweise nochmals als Festival titulierte Folge von drei Konzerten avancierte dabei auch zu einer „Schule des Hörens“, so unterschiedlich gingen das Amaryllis-Quartett und das Schumann-Quartett (sich nahezu durchgängig von Werk zu Werk abwechselnd) an den Notentext heran. Auf der einen Seite stand das stark konzertant geprägte, sich an eine „musikalische Öffentlichkeit“ wendende Spiel des Schumann-Quartetts: kräftig im Ton, virtuos im Gestus, vielfach dynamisch polarisierend. Mit den Werken in G-Dur (KV 387) und B-Dur (KV 458) hatte es aus der Sammlung der Haydn gewidmeten Quartette auch die beiden repräsentativeren Partituren übernommen. Anders hingegen das Amaryllis-Quartett, das wirklich kammermusikalisch auftrat: mit einem kommunizierenden Ensembleklang, feinsten Abstufungen im dynamischen Spektrum, einem wundervoll entzeitlichten sotto voce, insbesondere in den Quartetten A-Dur (KV 464) und C-Dur (KV 465). Dass Mozarts drei letzte Werke (die sogenannten Preußischen Quartette) sich von der Faktur her eher nach außen richten, war so gleich in doppelter Weise zu erleben. Viel Applaus von einem Auditorium, das selbst einen Applaus verdient hätte.
Ihr
Michael Kube
Titelbild: Wolfgang Amadeus Mozart. Verzeichnüss aller meiner Werke (British Library, Slg. Zweig MS 63, f.1v)
REIHE 9
Immer am 9. des Monats setzt sich Michael Kube für uns in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, manchmal aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb. Die Folgen #1 bis #72 erschienen von 2017 bis 2022 in der Schweizer Musikzeitung (online). Für die nmz schreibt Michael Kube regelmäßig seit
Weiterlesen mit nmz+
Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.
Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50
oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.
Ihr Account wird sofort freigeschaltet!