Die nun schon älter gewordene Generation kann sich noch gut daran erinnern, wie es war, als die Musik plötzlich digital wurde. Damals war es Herbert von Karajan, der als sogenannter „Welt-Musikdirektor“ in Zusammenarbeit mit der ehrwürdigen Sony die Spielzeit der CD nach Beethovens Neunter definierte. Was für ein Glück, dass er dabei das Tempo eher „ma non troppo“ dachte! So wurden daraus nicht schmale 65, sondern satte 80 Minuten. Das leidige Wenden der Schallplatte, die Kratzer und die physische Abnutzung hatten ein Ende – dachte man. Später kamen die ersten kleinen Ernüchterungen: eine bestimmte schwarze Prägung vertrug sich nicht mit den gebrannten Daten, ein Eisblumen-Pilz machte sich gelegentlich zwischen den Schichten breit, die Schaumstoff-Polsterung der Box hatte sich nach 20 Jahren gemächlich auf dem Silberding eingefressen. Weiß Gott keine Sammler-Raritäten …
Heute scheint es, als hätte man damals nur den Werkstoff gewechselt. Denn erst dieser Tage stecken wir wirklich in der digitalen Revolution: Man besitzt keine Sammlung mehr, sondern hat in einem von alten Medien befreiten Raum einfach „Zugriff“ via Streaming. Doch gibt es noch viel mehr Ideen, die neuen Medien (und vorzugsweise das Pad) im musikalischen Bereich einzusetzen. Einen Überblick dazu gab die im April 2017 im Salzburger Mozarteum erstmals veranstaltete „Karajan Music Tech Conference“ – ein bunter Markt der Möglichkeiten, bei dem manchmal aber auch offen blieb, wie nutzbar am Ende das eine oder andere wirklich sein wird: vom digitalen Klavierlehrer (ersetzen richtige Töne die persönliche Motivation?) über eine Database zum Auffinden filmkonformer Musik (begrenzt und daher nur für Stil- und Repertoire-Muffel) bis hin zum Live-360-Degree-Video-Konzert (warum überhaupt noch die Location aufsuchen?).