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Reihe 9 im Nikolaisaal Potsdam. Foto: mku
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Reihe 9 (#78) – Kombinationen

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Eine der schönsten und zugleich schwierigsten Aufgaben einer guten Dramaturgie und künstlerischen Planung ist es, für ein Konzert zu programmieren. Was ist der gemeinsame Anker zwischen den zu spielenden Werken? Wo ergeben sich vielleicht auch spannende Gegensätze? Außerdem gibt es auch große und gewichtige Werke, die schon für sich genommen immer wieder eine Herausforderung darstellen. Sollen diese langen Partituren ohne „Beiwerk“ präsentiert werden, oder finden sich am Ende doch angemessene Ergänzungen?

Solche Überlegungen finden meist im Stillen und hinter den Kulissen statt. Es geht nicht nur um die Frage, welche:r Dirigent:in und welche:r Solist:in miteinander ein gutes Team bilden, sondern auch darum, welche Werke (ja, es geht tatsächlich auch um „content“) ein musikalisch rundes, in sich geschlossenes und dann auch gut zu erzählendes Konzert bilden können. Freilich gilt es dabei diverse Befindlichkeiten zu berücksichtigen. Gehört ein Werk überhaupt zum Repertoire von Solist und Dirigent? Was kann durchgesetzt werden? Wo finden sich gute Kompromisse? Als „no go“ gilt etwa die Wiederholung einer Komposition innerhalb der Saison. Und ich muss voller Überzeugung sagen: zu Recht! Die Musikgeschichte besteht wahrlich nicht nur aus einem eng gefassten Kanon. Da wundert man sich, warum ganz offensichtlich und allzu oft den Agenturen nachgegeben wird. Dabei heißt es doch: „Wer zahlt, schafft an“ – oder, um es noch deutlicher zu sagen: „Wer zahlt, bestimmt die Musik“.

Viel eher wünsche ich mir daher als Wahlspruch der Dramaturgie: „Watson, ich kombiniere“ (Sir Arthur Conan Doyle). Doch mit welchen Werken lassen sich etwa Kompositionen wie Bruckner 5 und 9 oder entsprechend Mahler 5 und 9 koppeln? Sicherlich nicht (und das habe ich in den 1990er Jahren einmal erleben dürfen) mit dem Fagottkonzert von Wolfgang Amadeus Mozart. Ein Fehlgriff – ohne Frage. Die Repertoire-Recherche muss bei solchen „stand alone“-Werken viel gründlicher ansetzen. Und doch ist es manchmal so einfach. Wie an jenem Abend mit dem Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt/Oder, das im Nikolaisaal Potsdam nicht nur Mahlers Fünfte auf den Pulten liegen hatte (die mit dem Adagietto), sondern vor der Pause – wunderbar passend – auch großartige Lieder von Alma Mahler (in der Orchestrierung von David und Colin Matthews). Hier entfaltete Sarah Wegener (Sopran) eine fast kammermusikalische Musik, wohingegen das Tutti in der Fünften einen akustisch weiter gefassten Raum benötigt hätte. Der Saal ist mit seinem Zugang übrigens so unscheinbar in eine Häuserzeile eingepasst, dass man fast dran vorbeiläuft.

Immer am 9. des Monats setzt sich Michael Kube für uns in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, manchmal aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb. Die Folgen #1 bis #72 erschienen von 2017 bis 2022 in der Schweizer Musikzeitung (online). Für die nmz schreibt Michael Kube regelmäßig seit 2009.

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