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Schmerzliche Entscheidungen und eigentlicher Auftrag

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Leserbrief zu: <a href= "/nmz/2005/02/magazin-rundfunk.shtml">„In den Niederungen des schnöden Mammons“</a>
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Für den Abdruck des Leserbriefes von Herrn Geyer im Auftrag des Bayerischen Rundfunks zum Artikel „Enge-Anpassungen“ von Herrn Schulz in der nmz 2/05 bin ich sehr dankbar. Denn er zeigt in erstaunlich offenherziger Weise die Auffassung von Kultur, die zurzeit (offensichtlich auch im BR) in Mode zu sein scheint: Kultur wird nicht mehr gefördert, sondern hat nur dann eine Existenzberechtigung, wenn sie billig produziert werden kann (etwa durch CDs auflegen) oder etwas bringt (etwa Einschaltquoten).

Ein Rundfunkorchester hat hier zweifelsohne keinen Platz. Der Begriff „schmerzliche Entscheidung“ wirkt da in dem geschilderten Zusammenhang ein wenig gekünstelt. Vielmehr scheint das nassforsch wirkende Zitieren des Rundfunkgesetzes (sinngemäß: Der Auftrag des Rundfunks bestehe in der „Veranstaltung und Verbreitung von Programmen“.) die eigentliche Stimmungslage der für den Haushalt zuständigen Manager widerzuspiegeln. Doch spricht nicht gerade dieser Teil des Rundfunkgesetzes für das weitere Fortbestehen des Rundfunkorchesters: Denn eigene Programme können doch wohl am Besten mit hauseigenen Ensembles realisiert werden…

Wäre die Auflösung des Rundfunkorchesters für die Verantwortlichen wirklich eine „schmerzliche Entscheidung“ gewesen, dann hätten sie versucht, diesen Beschluss zu vermeiden, sei es durch Kostenreduzierung dieses Klangkörpers, sei es durch Einsparungen an anderer Stelle. Die Äußerung „eine Alternative zur Auflösung des Rundfunkorchesters wäre allenfalls die Einstellung von Programmen gewesen“ wirkt hier nicht glaubwürdig. Man bedenke nur, dass die 7,5 Millionen Euro, die das Rundfunkorchester (mit etwa 70 Arbeitsplätzen) im Jahr beansprucht, etwa dem Jahresgehalt eines einzigen Showmasters (etwa Harald Schmidt) entsprechen. Leider verzichtet Herr Geyer auf detaillierte Hinweise zur Finanzsituation. Damit ist aber auch die Gefahr gebannt, die eine mit entsprechend verlässlichem Zahlenmaterial geführte offene Diskussion eventuell mit sich brächte: zur Finanzierung des Rundfunkorchesters könnten sich möglicherweise alternative Wege erschließen, die zu anderen Ergebnissen führen könnten, als von der Vorstandsetage gewünscht. Die Chance, den Managern des BR in die „Niederungen des schnöden Mammons“ zu folgen, besteht jedoch für den Kommentator, der von Herrn Geyer kritisiert wird, aber auch für den Leser nur dann, wenn von Seiten des BR in finanzieller Hinsicht mit offenen Karten gespielt und der Finanzbedarf transparent aufgeschlüsselt würde, ohne sich plump auf die „unzureichende Erhöhung der Rundfunkgebühren“ zurückzuziehen.

Bedauerlicherweise vermittelt der Verfasser des Leserbriefes jedoch eine andere Auffassung von Öffentlichkeitsarbeit, indem er mittels Phrasen (etwa „medienkritischer Rundumschlag“) versucht, die Intentionen des Autors ins Lächerliche zu ziehen. In diesem Zusammenhang erscheint mir besonders seine Bemerkung über Kafka und den „Jargon der Frankfurter Schule“ (Adorno erscheint hier zumindest als Mitbetroffener) als ebenso unpassend wie überflüssig.

Es würde mich sehr freuen, wenn sich der Bayerische Rundfunk wieder an seinen eigentlichen Auftrag, nämlich neutral und verlässlich zu informieren, aber auch die Vielfalt der Kultur zu erhalten, orientieren würde. Zurzeit jedoch bewegt sich der BR tendenziell auf das (oft durch andere finanzielle Gegebenheiten erzwungene tiefe) Niveau von privaten Sendern zu (vgl. die veränderte Programmgestaltung auf B 4 Klassik).

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