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Schuld & Bühne

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Tja, liebe Kultur-, Netzwerk- und Teilzeiteltern. Ihre Kinder sollen es also ungefragt besser haben. Deshalb knüppeln Sie als Doppelverdiener seit Jahren ein komplettes Jahressalär in die musikalische wie geistige Internatsausbildung Ihrer Kinder.

 Kasteien sich mit dem BMW X3, weil der Internats- und Chorleiter den X5 fährt. Doch eines gibt es für diesen Altruismus nicht: Sicherheit. Nämlich darüber, wie weit die Ausbildung geht und wohin sie führt. Die Welt wird eine andere sein, wenn die örtlichen Pfadfinder diesen Sommer unter dem Krisen-Motto „den Gürtel enger schnallen“ zum Zeltlager bitten. Aber klammern wir mal die seelischen Schmerzen eines Missbrauchs jeder Art aus: Die musikalische Laufbahn muss nicht leiden. Selbst BAP-Frontmann Wolfgang Niedecken, der im Internat missbraucht wurde, kratzte die Kurve. Wer weiss, welche Weltkarriere der bereits hinter sich hätte, würde man ihn außerhalb der Kölner Domplatte verstehen. Doch grämen müssen Sie sich ob Ihres Misstrauens in das staatliche Schulsystem nicht.

Schließlich verdanken wir diesem einen Außenminister, der Englisch als rudimentäre Zeichensprache begreift und die römische Spätantike auf der Mädchentoilette verbummelte, sowie die Protagonisten sämtlicher Castings-Shows: koksende Sänger, prügelnde wie schwule Ehemänner, ex- oder angehende Knackis und Daniel Küblböck, der der bayerischen Schulselektion – versteckt zwischen Mähdrescher und Strohballen – in niederbayerischen Scheunen entwischen konnte. Aber denken wir ruhig mal gesamtdeutsch und schulsystem­übergreifend. Wohin Privatlehrer führen, sehen sie am östlichen Beispiel der Kaulitz-Zwillinge von Tokio Hotel. Wollen Sie Ihre Söhne tatsächlich mit auftoupierten Haaren, einem Tourbus voller Nagellack und Beauty-Case haben? Vielleicht wäre hier das ungeschriebene bayerische Gesetz angebracht: „A gscheide Watschn, hod no koam gschad“ (Übersetzung: eine ordentliche Backpfeife kann schon mal nützlich sein). Oder nehmen Sie die Prinzen. Thomaner-Chor-Ausbildung unter zuverlässiger Auslöschung des Humors. Auch nicht schön.

Der Beispiele kurzer Sinn: Wir müssen unser Übertrumpfungsgen isolieren. Warum sollen sich die Kinder von der russischen Klavierlehrerin mit Dutt quälen lassen, wenn es die Discounter-Gitarre für 39,90 Euro gibt. Die nach strittigen Erziehungsentscheidungen (kein Bier vor 17.00 Uhr, Bushido Konzert nur in Begleitung von Mutti) gefahr- und nahezu kostenlos zertrümmert werden kann? Billiger als die Alternative: Ihre Kids samt Gang tunken den Bechstein-Flügel in Benzin und lassen das geklaute Zippo-Feuerzug schnalzen. Na, immer noch höhere Pläne für die Kinder? Gut. Dann finanzieren Sie die Unsicherheit weiter. Inklusive einer elitären, teils mafiösen Ausbildung mit Züchtigungs­aspekt. Wäre Ihnen da eine staatlich garantierte Erziehung zur „Drogen-, Alkohol, Porno-, Knast- oder Amok“-Karriere nicht lieber? Darauf könnten Sie sich wenigstens noch verlassen. Befummelt wird nämlich nicht jeder …

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