Hauptrubrik
Banner Full-Size

Selbsterledigung

Publikationsdatum
Body

Vielleicht ist es ein dummer Spruch: Die Axt im Haus, erspart den Zimmermann. Aber er passt hier nun mal so gut. Udo Zimmermanns Versuch, der Deutschen Oper Berlin ein neues Profil zu verleihen, ist gescheitert – oder besser: Er wurde im Entstehen radikal abgeholzt. Die Axt heißt Christian Thielemann, Generalmusikdirektor an der Deutschen Oper. Wer Udo Zimmermanns Äußerungen in den letzten Monaten so las, dass er auch Zwischentöne wahrnahm, der bemerkte wachsende Frustration, ein resignierendes Nachlassen der Spannkraft. Aussagen, dass Reibeflächen zwischen dem aufblühenden Neoromantiker streng deutscher Provenienz und dem Neuerer künstlerische Wärme erzeugen könnten, mochte man schon bald nicht mehr für bare Münze nehmen. Und so hielt sich Zimmermann nach seiner Amtsenthebung als Fehler vor, den Vertrag mit Thielemann überhaupt unterzeichnet zu haben. Denn dessen Präsenz habe sich im Umfeld eines Gastdirigenten bewegt. In einem Brief an die Mitarbeiter gelobte Thielemann Besserung. Er sagte andere Verpflichtungen der nächsten Jahre ab und steht Gewehr bei Fuß. Die beiden Chefs der Deutschen Oper sprechen nicht mehr miteinander. Das setzt fort, dass auch der vormalige Gedankenaustausch über eine Gesamtkonzeption des Hauses nur wenige Interessenübereinstimmungen an den Tag brachte.

Vielleicht ist es ein dummer Spruch: Die Axt im Haus, erspart den Zimmermann. Aber er passt hier nun mal so gut. Udo Zimmermanns Versuch, der Deutschen Oper Berlin ein neues Profil zu verleihen, ist gescheitert – oder besser: Er wurde im Entstehen radikal abgeholzt. Die Axt heißt Christian Thielemann, Generalmusikdirektor an der Deutschen Oper. Wer Udo Zimmermanns Äußerungen in den letzten Monaten so las, dass er auch Zwischentöne wahrnahm, der bemerkte wachsende Frustration, ein resignierendes Nachlassen der Spannkraft. Aussagen, dass Reibeflächen zwischen dem aufblühenden Neoromantiker streng deutscher Provenienz und dem Neuerer künstlerische Wärme erzeugen könnten, mochte man schon bald nicht mehr für bare Münze nehmen. Und so hielt sich Zimmermann nach seiner Amtsenthebung als Fehler vor, den Vertrag mit Thielemann überhaupt unterzeichnet zu haben. Denn dessen Präsenz habe sich im Umfeld eines Gastdirigenten bewegt. In einem Brief an die Mitarbeiter gelobte Thielemann Besserung. Er sagte andere Verpflichtungen der nächsten Jahre ab und steht Gewehr bei Fuß. Die beiden Chefs der Deutschen Oper sprechen nicht mehr miteinander. Das setzt fort, dass auch der vormalige Gedankenaustausch über eine Gesamtkonzeption des Hauses nur wenige Interessenübereinstimmungen an den Tag brachte. Die sich jetzt eröffnende Chance, das Haus insgesamt zu übernehmen (es darf vermutet werden, dass Thielemann an ihr durchaus mitbastelte) möchte der Generalmusikdirektor nutzen. Kultursenator Thomas Flierl (PDS) hat mit den Vorwürfen einer über die Maßen defizitären Haushaltsführung gegenüber Zimmermann einen Prozess losgetreten, der weit über Finanzfragen hinausweist. Längst geht es um Fragen der kulturellen Ausrichtung, auch wenn der Kultursenator im geläufigen Jargon des Politikers betonte, dass die Kritik an der Amtsführung kein Urteil über Zimmermanns künstlerische Qualitäten beinhalte.
Die Wahrheit bleibt hier auf der Strecke. Und die lautet, dass die deutsche Hauptstadt bei ihren kulturellen Vorzeige-Posten im Sinne einer konservativen Repräsentationskunst ausgerichtet werden soll.

Hier soll der samtene Glanz schwarz-rot-goldener Kultur noch einmal aufscheinen, Experimente sind an dieser Stelle dann fehl am Platze. Thielemann steht dafür: Wagner, Strauss und Pfitzner sind sein Elixier. Seine Leistungen auf diesem Gebiet sind unumstritten und seit dem euphorisch begrüßten Bayreuther Debüt mit den „Meistersingern“ vor gut einem Jahr wurde auch die alte Achse Berlin-Bayreuth (vielleicht noch mit einer Verlängerung nach München bei den Philharmonikern?) neu installiert. Die Trägheit eines alternden Publikums, die vom schicken Outfit mancher Jungunternehmer noch unterfüttert wird, sieht in dieser Form bürgerlicher Selbstdarstellung immer noch den eigentlichen Sinn eines Opernhauses.

Zimmermann, dem man in seiner künstlerischen wie organisatorischen Entwicklung durchaus gewisse Überdehnungs-Spagate der Konzilianz nach allen Seiten zum Vorwurf machen könnte, will solches nicht. Die Führung des Leipziger Opernhauses und insbesondere der Münchner musica viva hatte ganz andere Akzente gesetzt. Der Erfolg dieser Bemühungen bleibt ihm. Leipzig wurde aus einem Dornröschenschlaf geweckt und entwickelte sich zu einem der meistbeachteten Opernhäuser weltweit, die in den 90ern darbende musica viva blühte nach seinem Amtsantritt beeindruckend auf. Berlin aber erwies sich als nicht zu nehmender Wall. Dabei wäre gerade dies der Platz, Oper neu zu denken. Mit Zimmermann verabschiedete man sich von dieser Chance.

So wird Thielemann dirigieren, solange es die Oper noch gibt. Ohne die Frische des Wagnisses könnte dieser Zeitraum sehr kurz sein. Die radikale Forderung von Pierre Boulez in den 60er Jahren, alle Opernhäuser in die Luft zu sprengen, braucht es gar nicht. Es gibt Institutionen, die sich von selbst erledigen. In Berlin befindet man sich auf dem besten Weg dazu (angesichts der Haushaltslage sieht man alles gern, was sich selbst erübrigt). Doch solch infame Schläue trauen wir unseren Politikern nicht zu.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!