Die Hauptschule kämpft verzweifelt gegen ihr Image, aber auch gegen ihre Funktion als Sammelbecken für die Chancenlosen. Dem steht die Tendenz gegenüber, etwa an Brennpunktschulen Seiteneinsteiger als Lehrkräfte zu akquirieren. Sozial und kulturell deprivierte Schüler contra schlecht ausgebildete Lehrer, wer denkt da noch an qualifizierten Musikunterricht?
Von allen Seiten droht dem Musikunterricht Gefahr. Der musikalisch-ästhetische Gegenstandsbereich löst in der Grundschule eine (durchaus fragwürdige) Fachdidaktik ab, die Stralsunder Erklärung der Kulturministerkonferenz zur Einstellung von Quereinsteigern vom März 2009 stellt die Kernkompetenzen der Hochschulen in Frage.
Einziger erkennbarer Silberstreif am Horizont ist JeKi (Jedem Kind ein Instrument), eine Fördermaßnahme der Bundeskulturstiftung in NRW, die ab 2011 in die Hände des Landes übergehen wird. Bei allen noch ungelösten tarif- und arbeitsrechtlichen Problemen bietet JeKi die Chance, einen bildungspolitischen Neuanfang zu wagen. Denn wer sagt, dass Musikunterricht nur als Klassen- und Frontalunterricht vorstellbar ist? Im Gegenteil, gerade der Musikunterricht verlangt das Projekt, bedarf der Handlungsorientierung, des Ensembles und der Aufführung. JeKi bietet die optimalen Voraussetzungen, sich dem Gegenstand Musik nicht nur fachdidaktisch zu nähern, sondern auch entwicklungspsychologisch.
JeKi wird nur dann ein Erfolg werden, wenn den Anfangsbemühungen der Kinder um instrumentale Kompetenz jetzt auch ein Folgeangebot gemacht wird, das Erlernte im Zusammenspiel zu erproben. Und da kann ein Blick nach Venezuela nicht schaden, das mit seinem Modell „Sistema“ eine Jugendorchesterlandschaft geschaffen hat, die sowohl die Spitze fördert, als auch Breite anspricht. Es wäre zu befragen, ob nicht auch in Deutschland Kinder aus bildungsfernen Milieus fürs klassische Orchester zu begeistern sind.
Sollten das Cello oder die Querflöte der rauen Wirklichkeit an der Brennpunktschule wider Erwarten nicht standhalten, dann müssen eben andere Instrumente diese Aufgabe übernehmen: Mundharmonika etwa, der Computer oder einfach Stimme und Körper. Unter dem neuen Vorzeichen JeKi wird es wieder einmal die Aufgabe der Musikschulen sein, zu zeigen, dass Musikausbildung nicht elitär, nicht einkommensgebunden und nicht allein Domäne des Bildungsbürgertums sein muss.
Mehr zu Jedem Kind ein Instrument im nmz-Blog „JeKi oder nie“:
http://blogs.nmz.de/jeki/