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Neue Besen kehren gut, sagt meine Steuerberaterin. Aber leider befänden wir uns, was die Steuerreform der neuen Regierung angeht, offenbar im Inneren eines schwarzen Lochs: bekanntlich dringt dort kein Lichtstrahl wieder hinaus, der das derzeitige Steuerchaos auch nur ansatzweise erhellen könnte. Vielmehr werden, ähnlich wie das Finanzamt das Geld ansaugt, Lichtwellen, Töne und überhaupt alle Informationen angezogen und verschwinden für immer.
Wer da so lamentiert? Ein kleiner freiberuflicher Musiklehrer und Tonkünstler, der sich wie recht viele Kollegen als Selbstständiger durch das Leben bläst, Verzeihung: musiziert. Also kein Hobbymusiker wie Bill Clinton, der auch gern ins Horn stößt (sic). Zugegeben: auch für andere Geringverdienende ist das Leben schwer und war es immer (der Durchschnittsverdienst der bei der Künstlersozialkasse versicherten Künstler beträgt 21.000 Mark per annum). Doch nun soll alles anders werden – Steuergerechtigkeit für alle, so der neue Slogan aus Bonn/Berlin. Aber leider keine Chancengleichheit für alle: der private Musikspaß kann also der Umsatzsteuer unterworfen werden, auch wenn die zuständigen Stellen bisher eine Freistellung bescheinigen konnten – ein gewisser Ausgleich für private Selbstständige, die der gnadenlosen Konkurrenz der subventionierten Städtischen Musikschulen die Stirn zu bieten wagten. Wo deren Geld herkommt? Aus dem Steueraufkommen natürlich, also auch aus der Umsatzsteuer. Das ist ja interessant: ein Unternehmen A zahlt neuerdings Umsatzsteuer (falls noch Kunden übrigbleiben!), die zur Unterstützung (teilweise) eines direkten Konkurrenten B auf ein und demselben Markt verwendet wird. Ist das auch etwa in der EU gutes, geltendes Recht? Können Geringverdienende auf zirka 200 bis 338,47 Mark pro Monat verzichten, je nach Fähigkeiten, den Steuerregelungssumpf zu verstehen? Ach ja, die Kunden, die heißbegehrten Schüler, die Geld bezahlen und dann auch noch den Lehrenden vertrauen sollen, die sind natürlich nicht blöd: Sie gehen zum billigsten Anbieter..., erst heute kündigte ein Schüler den Saxophonunterricht, die Stelle bei „Der Städtischen“ sei jetzt frei und billiger – „aber sie waren immerhin der nettere Lehrer“. Was am Markt zählt, ist klar: Geld und die Schwerkraft, es anzuziehen. Das weiß auch der Finanzminister! Reicht mir als etwa Vierzigmillionstel-Souverän diese Leistung? Gerade wenn diese Situation so unbekannt ist wie im Inneren des schwarzen Lochs (oder ist es ein rotgrünes Loch?), greifen Musiker, die zuerst für die Musik leben und dann erst mehr schlecht als überüppig von der Musik, zu ihren Instrumenten – Hörnern, Tröten und Klampfen aller Sorten – und fangen an zu musizieren, Verzeihung, natürlich zu blasen: den „Leck-mich-A-Marsch“, in A-Dur natürlich, daß es wenigstens vom Gefühl her so richtig aus dem schwarzen Loch herausschallen möge. Aber ehrlich jetzt: Für die Zukunft unserer Kinder trete ich eigentlich für eine andere, eine bessere Musik ein. Wer jault da so? Einer, der aus dem Norden kommt und weiß, wie man dort Geld macht: Land wird nur bei Ebbe verkauft! Aber für die überfluteten Gebiete muß dann natürlich gezahlt werden, und bei den Gezeiten eines schwarzen Loches kommen keinerlei böse „KapitalistenunternehmerInnen“, beziehungs-weise selbständige Musikerzieher je wieder hervor aus dem Ereignishorizont: Es ereignet sich nämlich nichts mehr.