Na prima. Vor ein paar Jahren schrieb ich, dass mich schreddernd-dauerironisches Brizzelbrazzel nervte, das mir so oft entgegen ulkte. Man müsse mal wieder Haltung haben! Und nun scheinen sich, schaue ich so um mich, gefühlte 59 Prozent meiner Zunft an meine Mahnung gehalten zu haben. Bitte. Hört doch nicht auf mich, war nicht so gemeint! Die Zeiten sind viel zu ernst, als dass man jetzt ein Adagio, ein Lamento nach dem anderen schreibt oder etwa auf Künstlerfotos ausschaut wie nach sechs Stunden Kontrapunktprüfung. Wenn wir die Coronakilos loswerden wollen, dann geht das nicht mit 30 Schlägen pro Minute – oder ist das Metronom kaputt?
Langsamkeit hat natürlich Vorzüge: 1) Man bekommt viele Noten und Spieltechniken unter, es sieht einfach geiler aus. 2) Geschwind „komponierte“ Grafiken sind besser unterzukriegen. 3) Der vermutete Hauptgrund: Langsam ist deep und dunkel und so lässt es sich prächtig raunen. Betroffen, gebrochen, verstört – so gehört sich das! Nur im Adagio kann ich der Welt und den Fachmessen mitteilen, dass ich ein deeper Denker, ein auf Vordergründiges verzichtender und asketisch lebender Großkünstler bin, der auf der guten Seite der Macht steht. Allein, zur Schau gestellte Dauerdeepigkeit, könnte das nicht fad werden? Wenn die Welt nur noch quälend vor sich hin schmollt, warum sollten wir sie retten? Wo Licht ist, ist auch Schatten – aber wenn‘s dunkel bleibt, stolpere ich über meinen Bettvorleger. Das kann doch keiner wollen. Licht an, Geschwindmarsch!