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Sven Ferchow. Selfie

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Ferchows Fenstersturz 2023/06
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Panik. Angst. Lexotanil-Engpass. Die Künstliche Intelligenz (KI) wurde gerade entdeckt, da bedroht sie schon die Musikindustrie. Naja, zumindest fühlt sie sich bedroht. Die Industrie, nicht die Intelligenz. Führungskräfte kauern seit Wochen in Embryonalstellung unter dem Schreibtisch und schluchzen traumatisiert: „Eben erst Streaming und MP3 überlebt und nun das“. Standesgemäß wird das Szenario freilich von Spotify begleitet, das recht hinterfotzig die „Oh manno“-Playlist anstimmt. Handstreichartig, munkelt man, wird KI die Phonoindustrie übernehmen.

Erst die Musik, dann die Rechte, am Ende die Menschen. Schade Marmelade, aber: Jedem Ende wohnt ein Zauber inne. Oder so ähnlich. Denn KI bietet dem Business doch jede Menge Chancen. Stichwort Einsparungen. Rationalisieren lässt sich definitiv die Stelle des Artist & Repertoire Managers. Einst ein mythischer Beruf zwischen stiefelleckendem Künstlerfan und devotem Drogendisponenten. Kann weg, liebe CEOs. Ein gut ausgeklügelter Algorithmus wird uns desaströse musikalische Fehlgriffe wie Ace of Base, Snap oder ähnliche Eurodance-Acts künftig ersparen.

Stichwort Studioproduktion. Man stelle sich eine Welt vor, in der es einen nuschelnden Herbert Grönemeyer, einen nasal sägenden Udo Lindenberg, einen hochdeutsch singenden Wolfgang Niedecken oder einen phonetisch astrein Englisch klingenden Klaus Meine von den Scorpions nicht mehr gäbe. Alles binär korrigiert, digital glattgebügelt, algorithmisch frisiert. Wir würden deutsche Texte verstehen. Erkennen, dass Klaus Meine tatsächlich Englisch singt. Teile der deutschen Musikhistorie müssten neu geschrieben werden (Sie wissen schon: David Hasselhoff…Mauerfall usw.). Oder Stichwort Künstleraufbau. Größtes Einsparungspotential. Keine aufgeblasenen Castingshows mehr.

Die KI arbeitet mit dem Prinzip des „Machine Learning“. Aus Erfahrung wird Wissen generiert. Wöchentlich pressen 3D-Plotter neue Helene Fischers oder Ed Sheerans. Die heißen dann eben HF001 bis HF124. Ebenso könnte das KI-Prinzip „Deep Learning“ beim Künstleraufbau hilfreich sein: Computer entwerfen neuronale Netzwerke, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind. Also wie einst bei der Girlie Band Tic Tac Toe. Nur dass eine KI niemals auch nur annähernd drei derartige Backbleche erschaffen könnte. Das kannste dir wirklich nicht ausdenken. Zuletzt. Stichwort Songwriting. Wer will schon nörgelnde Songwriter bezahlen, die alles besser wissen? Ganz alleine hat eine KI kürzlich ein Album im Stile der Brit-Rocker „Oasis“ alias „Aisis“ geschrieben, aufgenommen und veröffentlicht. Selbst ex-Oasis Sänger Liam Gallagher fand das Album „mega“.

Problem: Jeder echte Fan hätte die dreiste Fälschung sofort erkannt. Seid also beruhigt, liebe Plattenbosse. Trotz Einsparungsmöglichkeiten: Solange es noch Menschen gibt, wird sich musikalisch wenig ändern: „Rock and Roll will never die“. Singt übrigens Neil Young. Und der war schon intelligent, bevor es KI gab.

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