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Verwöhnt

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Ja, ja. Wir kennen das alle. Die Musiker sind Grillen, die lustig hier sind, zwischen den Gräsern hüpfen und ihre Lieder spielen ohne den Ernst der Lage zu sehen. Sie naschen hier und dort, wissen die besten Plätze und lassen es sich gut sein. Solche Gestalten passen nicht mehr in unsere karger gewordene Gesellschaft. An diese Fabel mag auch Kulturministerin Christina Weiss gedacht haben, als sie Mitte Oktober verlauten ließ:

„Der radikale Umbau unserer Kulturgesellschaft verlangt auch von Musikern den Abschied von einer weltfremden Verwöhnlandschaft. Privilegien und geldwerte Vorteile müssen abgebaut werden, soll die Orchesterlandschaft eine Zukunft haben. Dies wird derzeit bewusst ignoriert.“

Man wäre blauäugig, wenn man nicht zugeben würde, dass es zu bedenkende Formen von fraglicher Privilegienausnutzung unter Musikern durchaus gibt. Frau Weiss aber schüttet das Kind mit dem Bade aus. (Genauso könnte sie Schülern androhen, dass bei fortgesetzter latenter oder offener Faulheit die Schulen geschlossen werden.) Ihr ist ein Fauxpas unterlaufen, der freilich gut in die Gegenwart passt. Es wird populistisch beifallsheischend gedroht gerade da, wo Ermutigung zu verantwortungsvollem Tun notwendig wäre. Viele Musiker üben ihr Tun auf höchstem Niveau oft unter schweren persönlichen Einschränkungen aus. Es sind genau die, die von solchen Äußerungen am allerersten betroffen sind. Nachdenken über Kultur, das ist ja wohl die Aufgabe von Ministerin Weiss, muss anders und differenzierter aussehen. Zum einfachen Draufschlagen gibt es ohnehin fähigere Leute. Vielleicht fällt dann auch Frau Weiss einmal durch das radikale Umbauloch zur Unkulturgesellschaft.

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