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Von der Verweigerung des sentimentalen Verehrens

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Zum Feature „Im Bach ertrinken, da er nicht Meer ist“ von Reinhard Schulz, nmz 2/00
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Erkennbar wird dagegen – dies die eigentliche Botschaft solcher Aufsätze! – wie schwer es selbst Fachleuten in Fachzeitungen fällt, bei der Sache zu bleiben. Interessant wäre da etwa die Frage, was Bach heute, in der modernen Welt des 21. Jahrhunderts, für eine Bedeutung hat.

Sicher ist, dass kein ernsthaft an Bach Interessierter den an Umsatz und Kulturkonsum aufgehängten Bach-Rummel laut begrüßen wird. Entweder man begibt sich partizipierend und unreflektiert ins Geschäft oder steht außen vor und lächelt und spöttelt zynisch und immer gut informiert über diesen Bach, der mit dem „eigenen“, der dann „logisch“ der „eigentliche“ ist, nichts zu tun hat. Letztere Position nehmen nicht wenige in diversen Zeitungsbeiträgen ein, so Reinhrd Schulz in der nmz. Auf dieser Grundlage ist es müßig, nachzuprüfen, ob die Kantaten wirklich dem Komponisten und der Musikgeschichte (wer ist das?) einzig Qual und Last waren und sind, oder ob die Harnoncourt-Kantatenaufnahmen „vergilbt“ sind et cetera. Erkennbar wird dagegen – dies die eigentliche Botschaft solcher Aufsätze! – wie schwer es selbst Fachleuten in Fachzeitungen fällt, bei der Sache zu bleiben. Interessant wäre da etwa die Frage, was Bach heute, in der modernen Welt des 21. Jahrhunderts, für eine Bedeutung hat. Dazu würde die Frage gehören, ob die Kantaten auf Grund ihrer zwischen Pietismus und Orthodoxie schwebenden Texte anachronistisch sind, oder ob sich über die Musik eine zeitlose Wirkung und Bedeutung vermittelt? Oder: Welche Relevanz kann dieser Komponist für die Jugend haben? Wie wird er heute, 250 Jahre später, rezipiert? Was sind das für Menschen, die zu Tausenden in die Matthäus-Passion laufen? Was uns das Goethe-Jahr bereits gezeigt hat, wird dieses Jahr in Bezug auf Bach auch sichtbar:

„Unser Selbstbewusstsein beruht darauf, dass wir uns weigern zu ,verehren’. Es widerspricht unserer kritischen Grundeinstellung“, so die Literaturwissenschaftlerin Katharina Mommsen in ihrer Goethe-Rede in Weimar letztes Jahr. „Liebe“ und „Dankbarkeit“ zu empfinden, klagt sie weiter, liegt uns dann völlig fern, vor allem, wenn es um eine vermeintlich wissenschaftliche Rezeption geht. „Sentimental“ und „subjektiv“ darf man nicht sein, dafür ist eine distanzierte und kühle Sachlichkeit angesagt. Damit wird die Musik aber ebenso zur Sache. Wie schnell schließt sich dann der Kreis zum Kommerz, der Bach als Sache verkauft?

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