Herrschaftszeiten! Es wird doch wohl in Deutschland noch erlaubt sein, einer Arbeitskollegin mit dem Leitz-Ordner eine auf den Hintern zu klopfen, ihren Charakter 45 Grad südlich der Augen zu prüfen oder einem Dirndl-TÜV zu unterziehen. Tja, eher nicht mehr. Ein Ferkel ist man dann. Gesellschaftlich nicht präsentierbar.
Ein Blick nach Österreich würde da nicht schaden, liebe Emanzen und Schlaglochbremser. Unverbohrt, unprätentiös, enttabuisiert wird das Thema dort ausgelebt. Vor allem auf kulturellen Großveranstaltungen. Tatort: Schladming, Ski-WM. Freifahrtschein für Musik von der Bordsteinkante und gnadenlose Exzesse. Will sagen: Die mitunter vorteilhaften Errungenschaften der kulturellen Evolution werden temporär verleugnet. In der Gösser-Fan-Arena zu Schladming durften die Besucher nämlich nicht einfach nur den Gerstensaft des Sponsors in Hektoliter-Einheiten unreflektiert die Gurgel hinunter schütten. Nein. Eine soziologische Mission hatten sie im Single-Haushalt geplagten Österreich zu erfüllen. Und damit die wirklich jeder kapiert – weil subtil ja mittlerweile bei jedem Volk eher schwierig ist – haben die Partymacher den Singles einen Auftrag verpasst. Mit Mottoabenden wie „Zeig der Zilli deinen Willi“, „Super Schnitten lassen bitten“, „Schnecken Tschecken“, „Huschi Wuschi mit der Uschi“, „Scharfe Kanten, heiße Tanten“ und „A Zuckerl fürs Pupperl“ (www.kurier.at) wollten sie nicht nur die maroden Rentenkassen pimpen, sondern auch kundgeben, dass Österreich feiern kann und dafür ein deutlich definiertes wie im Mittelalter zementiertes Frauenbild durchaus angebracht ist. Recht so, liebe Ösis. Man muss nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.
Und mir wird endlich die Bedeutung des Wortes „Schlepplift“ bewusst. Wie auch immer. Bei so viel gesellschaftlicher Toleranz erübrigt sich jede Debatte über Sexismus unter den Müllpiksern am Hang. Stichwort: Skihaserl jagen. Die sind weiter zum Abschuss freigegeben. Deutsche Wintersportregionen fühlen sich nun inspiriert und gehen touristisch den österreichischen, also Frauen verachtenden Weg. Kleine Auswahl gefällig? „Mit Sabine zur Lawine“, „Schussfahrt mit Erhard“, „Fahr mit Marlon durch den Slalom“, „Im Pflug mit Ruth durch d’Stub“, „Mit Jagertee wer’n d’Mädels schee“, „Mit 17 Korn aufs Nebelhorn“, „Heut gibts Flecken auf die Stecken“ oder „Mit den Ischen einen zischen“. Nun ja. Wie das in Deutschland ausgeht ist klar. Heulkrämpfe bei Frauenbeauftragten, die besser Kranführer wären. Larmoyantes Geknirsche über die Rolle der Frau im 21. Jahrhundert von Cem Özdemir. Entrüstung bei Jauch, Maischberger, Illner. Anschließend Einladung aller Betroffenen unter Androhung eines Hilfsfonds zu Bundespräsident Gauck nach Berlin. Ja, aufpassen muss man jetzt. Was man sagt und wie man es sagt. Ach so, die Themenabende in der Gösser-Fan-Arena wurden abgesagt. Zu sexistisch. Jetzt also auch die Ösis. Aber „Ski Heil“ wird ja wohl noch erlaubt sein, oder?