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Zurückgehen, um richtig Anlauf zu nehmen

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Zu „Kunst als Waffe“ (S. 1), „Kulturkämpfer“ (S. 8) und der 1. Regensburger Runde, nmz 2/07

Liebe nmz-Redaktion, seit vielen Jahren lese ich eure Zeitung mit großem Interesse. Im Februarheft 2007 haben mich doch einige Artikel in solchem Grade verwundert, dass ich mich im Einzelnen gerne hierzu äußern möchte.

Zu dem Leitartikel „Kunst als Waffe gegen unser Verschwinden“ von Reinhard Schulz: Die diesjährige Siemenspreisverleihung an Brian Ferneyhough kann ich in großem Respekt vor dessen Lebenswerk nur ausdrücklich begrüßen. Was mich an der Berichterstattung Ihres Rezensenten Reinhard Schulz jedoch befremdet, ist diese darin geäußerte Fortschrittsgläubigkeit, in welcher selbstherrlich der Jury mit besagter Entscheidung ein „Wiedergutmachungsversuch“ unterstellt wird. Es mutet dies wie ein naiver Versuch an, längst vergangene Grabenkämpfe der Musikgeschichte zu reanimieren und vorübergehend wieder ans Tageslicht zu holen. Mir persönlich scheint es sehr kurzsichtig (und wohl auch ,,kurzhörig“), solch verschiedenartigen (jedoch gleichermaßen epochalen) Komponisten wie Wolfgang Rihm und Henri Dutilleux einen Hang zum Konservativismus oder zum ,,Etablierten“ vorzuwerfen. (Nach dieser Lesart könnte man solch eine Kategorisierung auch auf frühere Preisträger wie Boulez, Ligeti, Henze oder Kurtág ausweiten.) Jene Tatsache, dass ein Komponist ,,beim Hörer angekommen“ zu sein scheint, muss ja nicht zwangsläufig gegen sein Werk sprechen. Solcherart Denken offenbart meiner Meinung nach nur einen Mangel an unparteiischem, ideologiefreiem Musikverständnis, welches die Jury des Ernst von Siemens Preises mit ihren konträren Entscheidungen zu Recht vermeiden wollte. Die schöne Metapher der ,,Speerspitze einer die Grenzen sprengenden Moderne“ wirkt in diesem Zusammenhang schon ein wenig abgestumpft. Besser wäre es da, Nietzsche zu zitieren: ,,Manchmal muss man nur einige Schritte zurückgehen, um richtig Anlauf zu nehmen.“

Des Weiteren muss sich der geneigte Leser bei der Berichterstattung um den Geburtstag Ihres Herausgebers schon ein wenig ,,gegeißlert“ fühlen. Bei aller gebotenen Anerkennung erinnert mich solcherart Huldigung an den längst vergangen geglaubten Personenkult aus sowjetischen Prawda- Zeiten. Weniger Selbstbeweihräucherung wäre hier sicher mehr gewesen. Trotzdem auch von dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch.

P.S.: Leider entfachte auch die sogenannte „Erste Regensburger Tagung“ nur ein laues Lüftchen. Die Herren um Autor Mahnkopf berauschen sich eher an abgestandenen Adorno-Zitaten, als dass sie einen substantiellen Beitrag zu gesellschaftlichen oder musikalischen Realitäten beigesteuert hätten. Mich persönlich hätte das Thema Musik-Architektur schon ausführlicher interessiert. So blieb dann vieles ziemlich (selbst)gefällig. Die These, dass es in Deutschland kaum Musikwissenschaftler gäbe, scheint mir aus der Luft gegriffen. So drehte sich diese Runde doch ziemlich häufig im Kreis.

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