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Homogenes Satzspiel, überzeugende Solisten und Jazz, der Neuland betritt: Big Frash Band aus Schleswig-Holstein überzeugte in Stuttgart. Foto: DMR
Homogenes Satzspiel, überzeugende Solisten und Jazz, der Neuland betritt: Big Frash Band aus Schleswig-Holstein überzeugte in Stuttgart. Foto: DMR
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Ein Wettbewerb – viele Gewinner

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Die 12. Bundesbegegnung „Jugend jazzt“ mit dem ŠKODA Jazzpreis in Stuttgart
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„Pferderennen“ hat Busoni einmal Klavierwettbewerbe genannt. Denn die Maxime bei den klassischen Wettbewerben hieß viele Jahre lang: höher, schneller, weiter. Auch wenn Körperlichkeit beim Jazz sozusagen zu den konstituierenden Elementen dieses Musikstils gehört – Cool Jazz vielleicht einmal ausgenommen –, als hochgezüchtete Virtuosen haben sich Jazzer noch nie verstanden. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass Interpretieren und Komponieren bei ihnen nicht arbeitsteilig, sondern oft in Personalunion stattfindet. Wie ein Jazzwettbewerb aussieht, der sowohl Spitzenqualität befördert und gleichzeitig die Musik in den Mittelpunkt stellt, zeigte kürzlich wieder einmal die Bundesbegegnung „Jugend jazzt“, deren zwölfte Ausgabe Ende Mai in Stuttgart stattfand.

Ein Wettbewerb bei dem es nur Gewinner gibt? Hört sich das nicht an wie „Spiele ohne Sieger“? Freilich gibt es auch bei der Bundesbegegnung des Deutschen Musikrats Sieger, in diesem Jahr machte etwa die formidable Big Frash Band des erst 18-jährigen Pianisten, Arrangeurs, Komponisten und Bandleaders Eric Staiger einen ersten Preis.

Aber auch alle anderen gewannen: Die 14 in die baden-württembergische Landeshauptstadt angereisten Big Bands profitierten dabei in mancherlei Weise. Allein schon die Begegnung der Jugendlichen untereinander, der Blick auf andere Ästhetiken, auf andere musikalische Zugänge, das Jammen in den Jazzclubs BIX und Kiste waren Gewinn. „Jugend jazzt“ bietet zudem jeder einzelnen Band, unabhängig von ihrem Ergebnis, ein bedarfsgerechtes Coaching an. Die einzelnen Instrumentalisten konnten sich nicht nur untereinander über Ansatz, Literatur und neueste musikalische Moden austauschen, sondern im Rahmen eines Workshop-Programms mit Profis wie Klaus Graf (Saxophon), Uli Gutscher (Posaune), Peter Lehel (Saxophon) und anderen ihren Horizont erweitern.

Auch die Möglichkeit, als Solisten der SWR Big Band aufzutreten und nach den Konzerten mit den Profis ins Gespräch zu kommen, kann man wohl nicht anders als die beste Form informellen Lernens bezeichnen. „Wir sind Jazzstadt“, sagte Stuttgarts Bürgermeisterin Isabel Fezer bei der Abschlussgala. Ein Attribut, das der Stadt nach vier Tagen „Jugend jazzt“ tatsächlich verdientermaßen angeheftet werden durfte. Denn Stuttgarts Infrastruktur mit Musikschule im Treffpunkt Rotebühlplatz, Theaterhaus, zwei Jazzclubs und dem legendären SWR-Tonstudio in der Villa Berg ist tatsächlich einmalig.

Und die Botschaft, dass es in der Landeshaupt auch einen Jazzstudiengang mit exzellentem Ruf gibt, wurde in diesen Tagen nicht nur von städtischer Seite in Richtung Ministerium geschickt, sondern von vielen begeisterten Musikern und Zuhörern. Darüber, wie dieser Studiengang beinahe ministerialen Sparvorgaben zum Opfer gefallen war, berichtete die JazzZeitung in ihrer Ausgabe 4/2013. 13 Preise gab es bei der Bundesbegegnung Jazz insgesamt dieses Jahr, nicht nur den begehrten ersten Preis, dazu die sechs Konzertpreise der SWR Big Band und die sechs Konzertpreise der Škoda Allstar Band. Die Big-Frash-Band-Leitung von Eric Staiger ist der Gewinner des Hauptpreises, des ŠKODA Jazzpreis es 2014: ein Workshop und gemeinsamer Auftritt mit der Jazzpianistin und Professorin Julia Hülsmann.

Die Entscheidung, den ŠKODA Jazzpreis an die Bigband aus Schleswig-Holstein zu vergeben, muss der Jury nicht schwer gefallen sein, denn trotz des hohen Niveaus aller Beteiligten stach dieses Ensemble nicht nur durch das homogenste Zusammenspiel, sondern auch durch überzeugende Solostrecken und die Einbeziehung von Eigenkompositionen hervor.

Kurz gesagt durch außergewöhnliche Künstlerpersönlichkeiten, die demonstrierten, dass Big-Band-Musik nicht nur Swing haben kann, sondern auch Zukunft. Den mit 1.000 Euro dotierten Förderpreis des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg gewann das Berlin Jazz Composers Orchestra JayJayBeCe unter der Leitung von Christof Griese. Den Konzertpreis der Moritzbastei Betriebs GmbH – einen Konzertauftritt im Rahmen des Jazznachwuchsfestivals Leipzig 2015 inklusive Fahrtkostenübernahme, Übernachtung und Verpflegung – gewann die von Bodo Schmidt geleitete Big Band des Gymnasiums Berenbostel aus Niedersachsen.

Abschließend noch ein paar Namen mit Zukunft: Den Konzertpreis der SWR Big Band, die dieses Jahr Patin der Bundesbegegnung war, gewannen Patrick Hamacher (Saxophon), Adrian Herkenroth (Vibraphon), Robin Hollighaus (Posaune), Manuel Scharf (Saxophon), Lukas Schürmann (Gitarre) und Eric Staiger (Piano). Ebenfalls mit ihren solistischen Fähigkeiten überzeugen konnten Luca Hladek (Saxophon), Simon Schmitz (Trompete), Alexan-der Scott  (Saxophon), Peer Ole Seidler (Saxophon), Ole Sinell (Saxophon) sowie Michel Schröder (Trompete) und Johannes Wöhrmann (Saxophon), beide Big Frash Band. Sie erhielten den Konzertpreis der International ŠKODA Allstar Band, der den jungen Musikern einen Auftritt als Solist auf deren diesjähriger Tournee mit Stargast Norma Winstone ermöglicht.

An den Spielorten Bremen, Düsseldorf, Hamm, Frankfurt am Main, Kassel, Leer und Weimar wird ab November jeweils einer der jungen Nachwuchsmusiker mit der International ŠKODA Allstar Band gemeinsam ins Rampenlicht treten.

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