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Gegen den Strom

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Kreativität unter den Hammer
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In der Hölle ist der Teufel los. Selbst die altehrwürdige Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt inzwischen in ihrer Sonntagsbeilage (!) lieber kumpelhaft und verständnisvoll über norwegische Satanisten in der Rockmusik als über die Erben John „Imagine“ Lennons. Das Böse im Sinne einer wachsenden Inhumanität ist postmodern, jeder ist sich selbst der Nächste oder wie der Jugendforscher Klaus Farin anmerkt, „asozial ist in“. Dementsprechend wird nun die kalte Kosten-Nutzen-Rechnung zur alles beherrschenden neuen Glaubenslehre, von Menschen und Musen mag keiner mehr sprechen, der Geldspeicher will gefüllt werden. Die letzte Shell-Jugendstudie beweist, wie der Weg der Jüngeren sich nun dementsprechend verengt: Leistung, Sicherheit, Macht und Einfluss sind wichtiger geworden. „Karriere und Familie schließen sich bei den meisten heute nicht mehr aus“, bemerken die Autoren. Letzteres macht deutlich, wie falsch dieser vermeintliche tolle Weg sein kann, den zum Beispiel die Norddeutsche Rundschau jubilierend begleitet: „Null Bock war gestern: Die Jugend packt‘s an... Optimismus und Leistungsbereitschaft bei junger Generation.“ Letzteres en detail: Kinder werden kaum noch erzogen, sondern abgeschoben, Omas, Kindergärten und Lehrer sollen sich nach der Geburt um den Rest kümmern, die Kohle-Eltern schieben gelegentlich mal Scheine Richtung Nachwuchs. Sorry, Mammi hat keine Zeit, sie muss Karriere machen. Diese Kosten-Nutzen-Generation wägt ab und kalkuliert: CD im Laden kostet Geld, im Internet aber gar nix und der geloadete Klon lässt sich auf dem Schulhof hehlermäßig zu Kohle machen. Andere Studien ergänzen: Nur noch sechs Prozent der musikinteressierten Jugendlichen spielen dauerhaft ein Instrument und selbst das passive Hören ist auf dem Rückzug.

In der Hölle ist der Teufel los. Selbst die altehrwürdige Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt inzwischen in ihrer Sonntagsbeilage (!) lieber kumpelhaft und verständnisvoll über norwegische Satanisten in der Rockmusik als über die Erben John „Imagine“ Lennons. Das Böse im Sinne einer wachsenden Inhumanität ist postmodern, jeder ist sich selbst der Nächste oder wie der Jugendforscher Klaus Farin anmerkt, „asozial ist in“. Dementsprechend wird nun die kalte Kosten-Nutzen-Rechnung zur alles beherrschenden neuen Glaubenslehre, von Menschen und Musen mag keiner mehr sprechen, der Geldspeicher will gefüllt werden. Die letzte Shell-Jugendstudie beweist, wie der Weg der Jüngeren sich nun dementsprechend verengt: Leistung, Sicherheit, Macht und Einfluss sind wichtiger geworden. „Karriere und Familie schließen sich bei den meisten heute nicht mehr aus“, bemerken die Autoren. Letzteres macht deutlich, wie falsch dieser vermeintliche tolle Weg sein kann, den zum Beispiel die Norddeutsche Rundschau jubilierend begleitet: „Null Bock war gestern: Die Jugend packt‘s an... Optimismus und Leistungsbereitschaft bei junger Generation.“ Letzteres en detail: Kinder werden kaum noch erzogen, sondern abgeschoben, Omas, Kindergärten und Lehrer sollen sich nach der Geburt um den Rest kümmern, die Kohle-Eltern schieben gelegentlich mal Scheine Richtung Nachwuchs. Sorry, Mammi hat keine Zeit, sie muss Karriere machen. Diese Kosten-Nutzen-Generation wägt ab und kalkuliert: CD im Laden kostet Geld, im Internet aber gar nix und der geloadete Klon lässt sich auf dem Schulhof hehlermäßig zu Kohle machen. Andere Studien ergänzen: Nur noch sechs Prozent der musikinteressierten Jugendlichen spielen dauerhaft ein Instrument und selbst das passive Hören ist auf dem Rückzug. Die Generation Cash ist dabei aber nur ein Abbild der Gesellschaft, die zunehmend Werte vernichtet und sich einen Dreck um Verantwortung, Zukunft und Soziales kümmert. Wer in den „Rat Races“ vorne liegt, der hat es geschafft; nur noch um oberflächliche Signale geht es. Der Sänger der Erfolgsgruppe Orange Blue, Volcan Baydar, im Interview nach der Veröffentlichung des neuesten Chart-Verkaufsschlagers: „Inzwischen kann ich mir einen gewissen Luxus leisten, ich fahre Jaguar.“ Darüber spricht man heute, so ist die Welt. Rapper Nana sagte in einem Interview: „Musik ist gut, wenn man sich entspannen will.“ Dieses uraltbackene Vokabular spricht Bände. Mit Musik geht nirgends mehr das Licht in den Köpfen an, sie ist Dienstleistung und Klangtapete in einem unruhigen Leben, wo man auf der Jagd nach Beute höchstens noch die schnellen Beats per Minute gebrauchen kann. Neben den eher unkreativen Leistungswerten der Gesellschaft wächst weiter auch die Gewalt an, in den Schulen, in Jugendzentren, auf der Straße.

Der US-Militärpsychologe Dave Grossmann veröffentlichte jetzt das Buch „Wer hat unseren Kindern das Töten beigebracht?“, darin beschreibt er den Zusammenhang zwischen brachialen Killer-Games, die die Medienindustrie heute weltweit in die Kinderzimmer bringt, und den häufiger werdenden Amokläufen an den Schulen. Sein Fazit: „Es ist eine ganze Kultur der Gewalt entstanden, ein neues, medial vermitteltes Produkt.“ Der Verlust von Moral ging dem voraus. Wer unmittelbar vor der POPKOMM das Branchenblatt „musik woche.de“ aufschlug, der konnte sich darüber inmitten der Entertainment-Branche ein klares Bild machen. Bei einem Streitgespräch zwischen Gerd Gebhardt, dem Vorsitzenden der Verbände der Deutschen Musikindustrie und „Computer-Bild“-Chefredakteur Harald Kuppek ging es um gebrannte CDs, die man auf Schulhöfen kaufen könne und um „Computer-Bild“, worin Redakteure den Lesern Anleitungen zum Diebstahl von Musik via Internet geben. Kuppek entschuldigte sich für den Betrug an den Urhebern und Musikinvestoren erst gar nicht sondern zeigte verbal den gestreckten Mittelfinger: „Über Moral können wir gerne diskutieren. Dann sollten wir aber – mit Verlaub – die Kirche noch mit dazu holen. Moral ist für mich ein sehr dehnbarer Begriff. Was heute moralisch ist, war vor 50 Jahren undenkbar. Das sind Begriffe, über die man schlecht diskutieren kann... Wir können uns aber sehr wohl über die Gesetzgebung unterhalten. Über Geschäftsethik zu diskutieren, finde ich fast lächerlich. Welcher Kaufmann ist denn ein zutiefst moralisch handelnder Mensch? Das ist ein Widerspruch in sich selbst. Jeder ist doch auf seinen persönlichen Vorteil bedacht. “

Hurra, der Markt wird uns richten, aus Kapitalismus wird nun Kannibalismus, Mensch und Musik und Kreativität kommen in virtuellen Auktionshäusern endgültig unter den Hammer. Die Musikindustrie geht derweil den Bach runter, weil mehr geklaut als gekauft wird, der Musikunterricht stirbt in den Grund- und Hauptschulen aus, weil der Musikpädagoge im Kollegium auf der Stufe des unwertigen Kretins steht und daher kaum noch einer Musiklehrer werden will („Naturwissenschaften pur!“ posaunt die Kultusministerkonferenz nach PISA), die Live-Musik stirbt mit den Clubs, selbst die Love Parade verliert eine Million Raver, weil die Kicks nicht mehr schrill genug rüberkommen, sämtliche Musikstile von der Klassik bis zum HipHop kommen in den Nischen-Zoo und können dort bestaunt werden, eine vitale Musikvolkskultur definiert jeder anders, weshalb es keine mehr gibt. Da darf hier und heute ein verdienstvoller Altrocker das letzte Wort haben.

Udo Lindenberg, bitte übernehmen Sie: „Pop darf nur noch von Kindern gemacht werden, anspruchsvolle Musik gibt es nicht mehr in der Öffentlichkeit, kaum noch live und schon gar nicht in Funk und Fernsehen. Wir haben jetzt eine Kultur der Totalverblödung.“

Über Jürgen Stark

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