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Gregory Porter und Branford Marsalis. Foto: Monique Wüstenhagen / BVMI
Gregory Porter und Branford Marsalis. Foto: Monique Wüstenhagen / BVMI
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Gelungene Gala mit Konstruktionsfehlern

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Zur sechsten Echo Jazz Verleihung in Hamburg
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Vielleicht wird es ja doch noch was mit dem Echo Jazz. Zumindest war die sechs­te Gala – zum dritten Mal in Hamburg beheimatet, diesmal in der Maschinenbau-Halle der Blohm & Voss-Werft und vom NDR als Livestream in Radio und Internet sowie als Zusammenfassung im Fernsehen übertragen – so unterhaltsam und gelungen, wie seit dem vielversprechenden Auftakt in der Bochumer Jahrhunderthalle nicht mehr. Was vor allem daran lag, dass man nach gescheiterten Experimenten mit vom Jazz unbeleckter Senderprominenz die Moderation diesmal in die richtigen Hände gelegt hatte: Roger Cicero erwies sich als souveräner, lässiger und kompetenter Gastgeber, der noch dazu überzeugende Unterstützung durch einen charismatischen Sänger und Preisträger (Bestseller des Jahres) erhielt, den Amerikaner Gregory Porter.

Auch mit den Preisträgern konnte man weitgehend einverstanden sein. Anders als bei den Pop Echos, wo es dem Namen entsprechend schlicht um den Absatz geht, achtet man hier auch preiswürdige, aber nicht besonders verkäufliche Qualitäten. Eine auch mit unabhängigen Fachleuten besetzte Jury sorgt dafür, dass es solche trifft, die es auch künstlerisch verdient haben. Tatsächlich bildete der Echo Jazz 2015 bei den meisten seiner 23 Kategorien (was im Vergleich zu den Anfängen eine Entschlackung darstellt, die man fortführen könnte) beides ab, den kommerziellen wie den künstlerischen Erfolg.

Bestes Beispiel ist Michael Wollny, der mit den zwei Echos für das Ensemble und den Pianisten des Jahres national zum Rekord-Preisträger (fünf Echos insgesamt) aufstieg – was eben dem Erfolg des aktuellen Albums „Weltentraum“ wie auch seiner Bedeutung insgesamt entspricht. Mit Johanna Borchert als Sängerin des Jahres national und Andreas Schaerer als Sänger international wurden tatsächlich die herausragenden Entdeckungen der Saison ausgezeichnet – obwohl beide sicher keine Megaseller sind. Niels Klein, Eric Schaefer, Eva Kruse, Sebas­tian Studnitzky und Tobias Hoffmann als nationale Sieger ihrer jeweiligen Instrumente, da kann man ebenfalls nur nicken. Genau wie bei Eva Klesse als Newcomer, Christof Lauer mit der NDR Bigband für das beste Bigband-Album und erst recht bei Eberhard Weber für sein Lebenswerk. Wichtig und richtig sind schließlich die komplementären Sonderpreise für die Förderung der Jazz-Zukunft (an die Act-Reihe „Young German Jazz“) und – ganz neu – die Pflege der Tradition (an M.I.G. Music für eine bislang unveröffentlichte Aufnahme von Oscar Peterson und Ben Webster).

Bei den internationalen Preisträgern aber hat die Jury dann, abgesehen von den französischen Shooting Stars Vincent Peirani und Emile Parisien sowie dem erwähnten Andreas Schaerer mit Chick Corea, Branford Marsalis, Jeff Ballard, Lars Danielsson, Ambrose Akinmusire und Pat Metheny allzu sehr auf große Namen gesetzt. Genau wie die Veranstalter bei den Laudatoren: Natürlich ist die Schauspielerin Anna Maria Sturm schnuckeliger und bekannter als die meisten Jazzer, und natürlich bewältigt Mr. Tagesschau Jan Hofer jeden Text, doch wären Laudatoren, die ihre Schützlinge auch mal live erlebt oder gar eine persönliche Beziehung zu ihnen haben, glaubwürdiger und emotionaler.

Was zu anderen wunden Punkten führt, die es erlauben, diesen Versuch des Bundesverbands Musikindus­trie, mit einer an den amerikanischen Grammys orientierten Gala dem medial stiefmütterlich behandelten Jazz Aufmerksamkeit zu verschaffen, nach wie vor zwiespältig zu empfinden. Nach einem Krisenjahrzehnt hat die Branche zwar gewohnt warme und gesetzte Worte ihres Vorstandsvorsitzenden Dieter Gorny, aber nicht gerade viel Geld für die Jazz-Nische übrig; das bisschen geht dann für den schönen Schein drauf. Für die Sieger der natürlich undotierten Preise wie auch für Journalisten gibt es nicht einmal die Fahrtkosten, das überlässt man bestenfalls den Labels. Weshalb dann von den Amerikanern gerade einmal Branford Marsalis da war.

Wofür der Bundesverband wenig kann, ist die Sturheit von Manfred Eicher, der nicht mitmachen will: Seinen Ehren-Echo lehnte er 2011 ab, seine ECM-Künstler reicht er nicht ein. Sogar ACT-Chef Siggi Loch, mit der Rekordzahl von acht Echos wieder einmal der große Abräumer, sagte – nicht einmal ganz uneigennützig -, dass er die Hälfte davon gerne abgegeben hätte, wenn nur alle wichtigen Labels, und damit eben auch ECM, vertreten wären.

Da kann man wohl wenig machen. Gegen die Angst der Fernsehmacher, ihre Quotensucht und chronische Unterschätzung des Publikums hätte man sich aber durchaus standhafter zeigen können. Denn die mit dem NDR vereinbarten acht Musikeinlagen waren, so gelungen die Auftritte von Klaus Doldingers Passport über Branford Marsalis und Nils Wülker bis zu Gregory Porter für sich genommen auch sein mochten, ein fauler Kompromiss: Vermisste man doch genau den Jazz jenseits des Mainstreams, der in den wichtigsten Kategorien ausgezeichnet worden war. Der Humor eines Andreas Schaerer mit „Hildegard lernt fliegen“ zum Beispiel oder der Independent-Gestus einer Johanna Borchert, solche unkonventionellen Ansätze wären das Richtige, auf die stilübergreifende Entwicklung des Jazz hinzuweisen und neue Zuschauer zu erschließen. Dazu aber fehlt offensichtlich nach wie vor der Mut.

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