1492 war in Spanien das Jahr diverser Abrechnungen, und immense Kriegsschulden waren zu begleichen. Dazu erdachten die obsiegenden Christen eine besonders perfide Art von „Religionspflege“: Der recht große Bevölkerungsanteil der Sepharden, der spanischen Juden, sollte entweder zum Christentum konvertieren – oder unter Zurücklassung praktisch allen Besitzes das Land verlassen.
1492 war in Spanien das Jahr diverser Abrechnungen, und immense Kriegsschulden waren zu begleichen. Dazu erdachten die obsiegenden Christen eine besonders perfide Art von „Religionspflege“: Der recht große Bevölkerungsanteil der Sepharden, der spanischen Juden, sollte entweder zum Christentum konvertieren – oder unter Zurücklassung praktisch allen Besitzes das Land verlassen.Tausende Familien wanderten über Gibraltar aus, manche gelangten gar bis ins heutige Bulgarien. Die Sepharden wurden in der arabischen und osmanischen Welt gerne aufgenommen, handelte es sich doch um gebildete Leute und geschickte Handwerker. Der heute in Graz lebende, in Istanbul aufgewachsene Aron Saltiel hat zwischen 1976 und 1996 zahlreiche sephardische Sänger zwischen Sarajevo, Istanbul und Israel besucht und deren Lieder aufgenommen. Der bis vor Kurzem ebenfalls in Graz tätige amerikanische Komponist und Pianist Joshua Horowitz hat von Saltiels Funden 51 Lieder transkribiert, die nun mit etwa 2-jähriger Verspätung erhältlich sind: Aron Saltiel/Joshua Horowitz (Hg.): Sephardisches Liederbuch (Edition Peters EP 10849, ca. 74 S., e 16,80). Eine kompetente Einführung, Annotationen zu allen Liedern und deren Lieferanten sowie die Liedertexte sind auf Deutsch und Englisch veröffentlicht – dankenswerterweise, um dieses museale Prachtwerk nicht einfach auf dem eher kleinen deutschen Markt versickern zu lassen. Nicht nur die reizvollen und vielfältigen Melodien verdienen es, erhalten zu bleiben, sondern auch die Sprache. Das Ladino oder Judenspanisch ist interessanterweise näher am Kastilischen als etwa das Jiddische am Deutschen. Damit wird der Band zu einem Dokument einer hier zu Lande fast unbekannten Kultur. Wo also bleibt die Fortsetzung?Joshua Horowitz ist Eingeweihten nicht ganz unbekannt, hat er sich doch als Neuinterpret historischer Klezmermusiken hervorgetan (unter anderem Budowitz bei Koch, Rubin & Horowitz bei Wergo), womit wir zur ostjüdischen Tradition kommen, die schon recht früh in den USA, vor allem in New York Fuß fasste. Dort veröffentlichte 1916 ein Nat Kostakowsky mit „International Hebrew Wedding Music“ die größte kommerzielle Klezmer-Sammlung aller Zeiten. Horowitz hat davon ein leicht überarbeitetes Faksimile als „The Ultimate Klezmer“ herausgegeben.
Warum er dabei Geigen-Fingersätze und Bogenstriche entfernt hat, bleibt unklar; ergänzt hat er Akkordbezeichnungen ad lib. Diese „Klezmer-Bibel“ (so die Verlagswerbung) enthält eine schiere Unmenge von Bulgars, Freylekhs und Doinas inklusive Diskografie und dokumentiert damit eindrucksvoll ashkenazische Kultur in Amerika. Auch für den Praktiker sind 39,95 USD ein korrekter Preis. Und wer noch mehr jüdische Musik braucht, wird ohnehin auf den Verlag kommen: Tara Publications, POB 707, Owing Mills, MD 21117, USA (www. jewishmusic.com). Dort gibt es CDs, Neuausgaben, Chornoten, Liederbücher und anderes mehr. Kreditkarten-Besitzer können problemlos online bestellen.