Am Ende gab es wieder Gutes zu berichten. Die Zahl der Fachteilnehmer und ausstellenden Firmen hat mit 3.282 im Vergleich zum Vorjahr (2017: 3.169) ein wenig zugenommen. Insgesamt 17.000 Besucher tummelten sich in den Hallen der Messe Bremen und bei den dazugehörenden Konzertveranstaltungen. „Die jazzahead! ist einzigartig und hat erneut bewiesen, dass Bremen auf der Jazzlandkarte der Welt die Hauptstadt ist“, erklärte Messechef Hans Peter Schneider als Conclusio, ein wenig blumig, aber zumindest für ein paar Tage im April doch mit einem wahren Kern.
Denn tatsächlich hat sich die zum 13. Mal stattfindende Fachmesse zu einem Treffpunkt entwickelt, den internationale Branchenprofis aus 61 Ländern als Möglichkeit zur Kommunikation, Präsentation und Entwicklung von Geschäftsideen nützen. An vielen Details wurde weiter gefeilt. Der Schlachthof als Konzertbühne bekam beispielsweise eine Außenübertragung verpasst, was die Fülle im Raum entzerrte und angesichts sommerlicher Temperaturen zu lauschiger Open-Air-Atmosphäre in Liegestühlen führte. Die Showcase-Bühnen der Halle 7 wurden deutlich vergrößert, es gab Livestreams von Konzerten, die Panels wurden zumeist im ausstellerfreundlichen Silent Modus mit Headsets geführt. Alles Ausschnitte aus dem großen Ganzen, die auf eine weitere Ausarbeitung der organisatorischen Feinheiten hinweisen.
Überhaupt wirkte die ganze Messe tief entspannt, und das, obwohl um den eigentlich Termin vom 19. bis 22. April herum bereits seit Anfang des Monats ein umfangreiches Kulturprogramm in Kooperation mit dem Partnerland Polen lief. Während der Polish Night selbst kamen bekannte Künstler wie der Pianist Marcin Walisewski ebenso zum Zug wie aufsteigende Stars der Szene, zum Beispiel die Saxophonisten Kuba Wiecek und Maciej Obara. Das Galakonzert in der „Glocke“ holte außerdem die Sängerin Ana Maria Jopek und den Tastenstreichler Leszek Mozdzer in die Stadt. Überhaupt lag der Fokus deutlich auf den Künstlern, deren Kurzkonzerte, organisatorisch auf den Punkt gebracht, ein weites Spektrum an Information und Klanggenuss boten. Höhepunkte waren, etwa bei der German Jazz Expo, das in seinem Spiel mit Abstraktion und Gruppenenergie berauschende Trio Velvet Revolution des Saxofonisten Daniel Erdmann und Markus Stockhausens klangmächtig ästhetisches Quartett Quadrivium. Das European Jazz Meeting schickte Powerbands wie Shake Stew mit Doppelschlagzeug und Bläservisionen oder afrojazzende Stilüberschreitungen mit Aly Keïta, Jan Galega Brönnimann und Lucas Niggli ins Rennen. Die Overseas Night wiederum schüttelte grandiose Künstler/-innen wie die Betty-Carter-Erbin Jazzmeia Horn oder den Klavierderwisch Grégory Privat aus dem Ärmel. Unterm Strich ein famoses Programm in der Balance von Erwartungen und Entdeckungen.
Bei aller Euphorie konnte man aber auch ein paar Veränderungen entdecken, die nachdenklich stimmen. So hatte sich Arte zu Beginn des Jahres von den TV-Aufzeichungen der jazzahead! zurückgezogen, ganz im Trend zunehmender Marginalisierung von Nischenkulturen im öffentlichen Fernsehen. Dafür war allerdings die junge Produktionsfirma Stingray zum Team gestoßen und produzierte Livestreams und die in der Mediathek abrufbaren Mitschnitte der Konzerte (http://jazzahead.de/de/#showcases-live-streaming). Überall ließen sich Bündelungen der Kräfte entdecken: Künstler, Labels, Verlage, Agenten sammelten sich unten der Dächern von Länderständen, um Kosten für einzelne zu minimieren. Das Magazin Jazz thing feierte als Spartenführer sein 25-jähriges Bestehen, eingedenk der galoppierenden Formatverschiebungen in Richtung digital eine bemerkenswerte Leistung. Das Programm der Konferenzen war unspektakulär, es gab wenig zu verkünden, die Branche arbeitet und klagt nicht. Es soll ja weitergehen, im Jahr 2019 mit dem Partnerland Norwegen und vielleicht wieder mehr Teilnehmern und Besuchern.