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Wenn Pat Metheny sie nicht braucht, macht die Bassistin Karriere mit ihrem eigenen Quartett: Linda Oh beim BMW Welt Jazz Award 2017. Foto Ssirus W. Pakzad
Wenn Pat Metheny sie nicht braucht, macht die Bassistin Karriere mit ihrem eigenen Quartett: Linda Oh beim BMW Welt Jazz Award 2017. Foto Ssirus W. Pakzad
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Lange Schlangen, doch keine Kassen

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Zehn Jahre BMW Welt Jazz Award in München – ein Resümee
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Damit hatten wohl selbst Optimisten nicht gerechnet. Schon zur Premiere, an einem eisig kalten Sonntagmorgen im Januar 2009, pilgerten Hunderte Menschen an die Kreuzung Mittlerer Ring/ Lerchenauer Straße in München. Der Andrang hat bis heute nicht nachgelassen. Im Gegenteil. Die Warteschlangen, die sich vor den Konzerten bilden, werden immer länger, ziehen sich im Hauptgebäude der BMW Welt von einem Ende zum anderen. Warum ist der BMW Welt Jazz Award, der jetzt in die zehnte Runde geht und damit ein Jubiläum feiert, nur ein solcher Publikumsmagnet?

Liegt es daran, dass für die Matinee-Veranstaltungen kein Eintrittsgeld entrichtet werden muss? Reizt es die Leute, Musik in einem besonderen Ambiente erleben zu dürfen – im lichtdurchfluteten Doppelkegel der BMW Welt, der an eine futuristisch gestaltete Sanduhr gemahnt? Oder, ganz verwegene Überlegung: Ist Jazz vielleicht doch keine Nischenmusik, sondern sogar massentauglich?

Wer regelmäßig in der Münchner Szene unterwegs ist, weiß, dass das Gros der Menschen, die Konzerte des BMW Welt Jazz Awards besuchen, sonst eher nicht in Läden wie die Unterfahrt gehen oder zu Stammgästen von Reihen wie „Jazz+“ in der Seidlvilla zählen. Geht man also davon aus, dass die Mehrzahl der Zuhörer doch eher jazzunerfahren ist, lässt sich konstatieren: Selbst eine in ihrer Ausrichtung und Ausführung ziemlich komplexe Musik wie Jazz ist für unkundige Neulinge durchaus zugänglich, wenn sie bei der Entstehung zugegen sind und zumindest intuitiv spüren, was da gerade abgeht. Beim BMW Welt Jazz Award werden jedes Jahr zwei Auszeichnungen vergeben: Eine fünfköpfige Jury unter der Leitung des Journalisten Oliver Hochkeppel befindet darüber, wer am Ende einen eigens kreierten Pokal und ein stattliches Preisgeld von 10.000 Euro erhält. Auch das Publikum darf votieren: Die Lieblinge der Zuhörer werden mit einem Gutschein belohnt, der ihnen erlaubt, ein Wochenende lang auf Schloss Elmau, dem „Luxury Spa Retreat & Cultural Hideway“ die Seele baumeln zu lassen und ein Konzert zu spielen. Bisher haben sich die Konzertbesucher des „BMW Welt Jazz Awards“ nie zu peinlichen oder nicht nachvollziehbaren Entscheidungen hinreißen lassen.

Entstanden ist der schon früh weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Wettbewerb wohl, weil 2007 und 2008 Jazzwochen in der BMW Welt stattfanden, die äußerst erfolgreich waren. Seit dem Premierenjahr 2009 folgt der Award jedes Jahr einem Motto. Entweder stehen bestimmte Klangerzeuger und Instrumentierungen oder Phänomene im Mittelpunkt: So wurde „The Art of the Piano Trio“ zelebriert (2009), kamen „Voices“ zu ihrem Stimmrecht (2010), machten „Two Horns“ gemeinsame Sache (2011), zeigten sich Schlagzeuger in Führungspositionen („Leading Drums“, 2013), dominierten Gitarristen (2015) oder Bassisten (2017) das musikalische Geschehen, wurden Bands präsentiert, die von ihrem urbanen Umfeld geprägt sind („Jazz & The City“, 2012), zeigte sich, dass Jazz durchaus einen „Sense of Humor“ besitzt (2014) und, dass auch die kreativsten, freiesten Köpfe ihren Vorbildern nacheifern – im Programm „Inspired By Legends“ (2016).

Natürlich steht auch der Jahrgang 2018 wieder unter einem Motto: „Jazz Moves“. Wie immer lässt sich das Vorgegebene von der Jury, die in einer Art Blindverkostung das Programm auswählt, auf verschiedene Weisen deuten. Leider keimt diesmal der gewisse Verdacht auf, BMW wolle mit dem Thema ein jüngeres Publikum ansprechen, eines, dass Jazz nur hip findet, wenn er auch die Gliedmaßen und eben nicht nur das Hirn und die Seele anspricht. Sonderlich spannend liest sich die Besetzung der zehnten Ausgabe des BMW Welt Jazz Awards nicht. Aber wir wollen fair sein und abwarten, was sich da musikalisch bietet, schauen, ob das Motto nicht nur körperlich, sondern auch emotional „bewegt“. Das Programm: „LBT“ (18.2.), „Jukka Eskola Soul Trio“ (25.2.), „Purta Sur – Tangomoods“ (18.3.), Andi Kissenbeck´s „Club Boogaloo“ (25.3.)., „Beady Belle“ (8.4.) und schließlich „BartolomeyBittmann progressive strings Vienna“ (22.4.). Die beiden Finalisten treten dann am 9. Juni gegeneinander an.

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