Ohne Berater und Millionenbudget gründeten Sebastian Horn (Gesang, Bass), sein Bruder Peter Horn (Gitarre, Gesang) und Florian Rein (Schlagzeug) die Bananafishbones. Nie mit der Absicht, der Kommerzschiene zu folgen, ergab es sich dennoch, dass sie ihren ersten Hit über eine C&A-TV-Werbung („Come to Sin“/1998) landeten. Leider wurde diese Begebenheit allzu oft oberflächlich und plakativ als „Bananafishbones-Stempel“ ausgelegt. „Kommerzband“ lautete der Vorwurf und nicht selten kamen „One Hit Wonder“-Abkanzelungen. So sind die strengen glaubwürdigen Medien der Oberfläche, darunter paddeln sie mit den Schwimmflügeln in der Nähe ihrer „pay to play“-Anzeigenküsten.
Tatsächlich folgten seit 1998 weitere Singlehits (etwa „Easy Day“, „Kids“ aus dem UNESCO-Kellog’s-TV-Spot), drei Alben bei einer Majorplattenfirma, Auftritte mit Bryan Adams, den Münchner Philharmonikern, Filmmusiken (unter anderem „Der Bunker“, „Wilde Kerle“) und die Schirmherrschaft ihres eigenen Open Air Festivals „Hillside“, bei dem sie als Gastgeber für befreundete Bands, aber auch als Förderer vieler Nachwuchskünstler fungieren.
Nun hat es aber auch das Tölzer Trio erwischt. Ihre Plattenfirma setzt auf TV-Konzepte mit verlegbaren Dschungelsongs und babypopoglatte Castingbands. Menschen mit der Fähigkeit zu musizieren und popkulturell tätig zu sein, sind nicht mehr gefragt. Der Plattenvertrag ist weg, die Bananafishbones frei vom flexiblen Diktat der Majorfirma. Zeit zum Jammern gab es nicht. Gründe schon gar nicht. Vor allem, „weil es sein musste“, meint Peter Horn. „Wir haben uns in einer derart großen Maschinerie letztendlich doch zu eingeschränkt gefühlt.“ Die Konsequenzen waren schnell gezogen. Die Bananafishbones landeten wieder dort, wo sie einst begannen.
Heißt: Plattenfirma gegründet, den „36qm²“ großen Keller von Schlagzeuger Florian Rein zum Studio umfunktioniert und im Crashkurs mit der Aufnahmesoftware „Logic“ vertraut gemacht. Das waren die „Presets“ für das am 1. März erschienene Album „36qm²“. „Zusätzlich“, ergänzt Sebastian Horn, „einigten wir uns auf das Credo, ,es gibt keinen Gedanken, der nicht nachvollzogen werden darf, jeder Vorschlag ist es wert, ausprobiert zu werden’“.
So entstanden zwölf Songs, die in dieser Deutlichkeit bei einem Major unumsetzbar gewesen wären. Songs, die Liebe zum Detail offenbaren („Snoflake“) und trotzdem puristisch wirken. Lieder, die straßenbegleitende Romantik ohne spröde Melancholiezitate verbreiten („Palmers“, „Clue“), Punkeinwürfe („Miracle“) von denen sich die hoch gezüchteten deutschen „Gitarrenbands“ ein paar credible Ideen abschneiden sollten, oder gar nicht so schlichte Spinnereien („Funky Rabbits“). „Die Romantik kam in der Tat auf der letzten Platte zu kurz“, meint auch Sebastian Horn, „auch weil wir damals den Schwerpunkt auf die Härte der Songs legten. Dieses mal haben wir auf gar nichts Wert gelegt, nur dass uns der Song gefällt“.
So kommt es, dass „36qm²“ an die US-Bands „Barenaked Ladies“ oder „Ween“ erinnert, die ähnlich „planlos“ vorgehen. Es handelt aber um keine Kopie oder musikalisches Anhimmeln, doch in Deutschland ist die Stillosigkeit der Bananafishbones immer noch teils fremdartig für den radioverwöhnten Konsumenten. Peter und Sebastian Horn hören den „Barenaked Ladies“ Verweis nicht ungern. „Für uns sind die Barenaked Ladies auch ganz groß, weil sie den Tiefgang mit dem Spass in der Musik verbinden, ohne sich selbst zu wichtig zu nehmen“.
Und damit sind die Charakterisierungsmerkmale der Bananafishbones abgesteckt: Tiefgang, Spass und Texte unpathetisch mit Musik verbinden, bescheiden bleiben und das Mögliche im Unmöglichen suchen. So wie Sebastian Horn textlich Menschen sucht, die wie Socken im Kalknirvana der Waschmaschine entschwundenen sind oder flüchtige Brautmörder verfolgt oder Monsterattacken abwehrt oder Snowboarder auf dem Weg zur Hölle begleitet.
Diese kalkulierte Unverbindlichkeit der Bananafishbones war stets der Sympathie auslösende Interessensfaktor. Deshalb gab es Erfolg vor dem Plattenvertrag und wird es Erfolg ohne Vertrag geben.
Denn Erfolg ist Definitionssache. „36qm²“ mögen räumlich einschränken, erweitern aber die Perspektiven aller Dimensionen. Würden doch nur sämtliche Plattenverträge dieses Landes auslaufen.