Seinen Fans und Kritikern ist er ein ewiges Mysterium geblieben – ein Sinnsucher, der trotz immer neuer „Häutungen“ stets er selbst geblieben ist: Bob Dylan. Sein Aufstieg begann Anfang der 60er als Idol der gesellschaftlichen Gegenkultur. Seine Protestsongs gegen Krieg, Rassismus und Ausbeutung machten ihn populär. Als er sich Mitte der 60er kritisch-subjektiven Rocksongs mit surrealen Texten zuwendete, warf man ihm zum ersten Mal Verrat und Ausverkauf vor. Eine Situation, die sich über die Jahre noch mehrmals wiederholen sollte.
Seinen Fans und Kritikern ist er ein ewiges Mysterium geblieben – ein Sinnsucher, der trotz immer neuer „Häutungen“ stets er selbst geblieben ist: Bob Dylan. Sein Aufstieg begann Anfang der 60er als Idol der gesellschaftlichen Gegenkultur. Seine Protestsongs gegen Krieg, Rassismus und Ausbeutung machten ihn populär. Als er sich Mitte der 60er kritisch-subjektiven Rocksongs mit surrealen Texten zuwendete, warf man ihm zum ersten Mal Verrat und Ausverkauf vor. Eine Situation, die sich über die Jahre noch mehrmals wiederholen sollte.Beständig im Wechsel„Heute ist Halloween und ich habe meine Bob-Dylan-Maske aufgesetzt“, sagte der junge Dylan einmal während eines Konzerts. Und brachte die Sache damit auf den Punkt. Denn während seiner ganzen Karriere schlüpfte er in immer wieder neue Verkleidungen. Stets eignete er sich neue Masken und Musikstile an. Dylan ist einer, der fühlt, dass es etwas anderes, besseres als das Hier und Jetzt gibt. Daher ist er auf der ständigen Suche und erfindet sich selbst dabei stets wieder neu. Es langweilt ihn, wenn die Leute immer wieder das Gleiche von ihm hören wollen. Bob Dylan schlägt ständig Haken, weil er die Erwartungshaltungen seiner „so-called friends“ an die „Legende Bob Dylan“ nicht erfüllen will. Immer wieder im Laufe seiner Karriere provozierte er, um sich künstlerische und persönliche Freiheit zu erhalten. Und erntete meist bittere Vorwürfe.
So 1969, als er plötzlich Country Music machte. Er trat in Johnny Cashs Fernsehshow auf und beide zusammen verschnulzten sein „Girl From The North Country“. Dann wieder Vorwürfe, als er sich Anfang der 70er nur noch mit Familie und Landleben beschäftigte. Dann 1978, als er seine Protestsongs in BigBand-Arrangements steckte und 1979, als er zum Christentum übertrat. Zuletzt in den 90ern, als er seine Hymne „The Times They Are A Changin‘“ für Werbezwecke verkaufte, auf Firmenfesten und beim Papst spielte. Dylan wurde so nicht nur zur Mysteriösesten aller Sixties-Ikonen, sondern auch zur Umstrittensten.
Dabei ist Bob Dylans Bedeutung sowohl für das Seelenleben der „68er-Generation“ als auch für die populäre Musik enorm. Er hat den Soundtrack zum Lebensgefühl der kritischen Jugend in den Sixties und den Seventies geschrieben. „Er hat den Rock’n’Roll vor dem Verblöden bewahrt“ (Wolfgang Niedecken). Und es gibt keinen anderen Musiker der Populärkultur, über den so viele literaturwissenschaftliche Abhandlungen geschrieben worden sind wie über den Sänger und Liederschreiber Bob Dylan. Seit einigen Jahren wird er regelmäßig für den Literatur-Nobelpreis vorgeschlagen.
Fahrender Sänger
Bob Dylan, der Prototyp des Songwriters, ist heute vor allem ein Live-Künstler, ständig auf Konzertreise. „Es ist mein Beruf, mein Handwerk, mein Gewerbe. Auf einer Bühne zu stehen ist für mich genauso natürlich wie atmen“, sagt er selbst dazu. 1988 begann er seine „Never-Ending-Tour“, die er bis heute fortsetzt. Das Prinzip ist, mit einer kleinen Band (Gitarre, Bass, Schlagzeug) fast das ganze Jahr über „on the road“ zu sein.
Am Anfang der Tour standen Garagenrock und eine chaotische Lust am Experimentieren. Jede Setlist war anders und geprobt wurde selten. So wechselten sich Sternstunden und Abstürze ab. 1991 in Europa versiebte er regelmäßig wegen Trunkenheit das erste Drittel seiner Konzerte, spielte sich dann aber nüchtern, um dann doch noch ein großartiges letztes Konzertdrittel abzuliefern.
Erst im Laufe der 90er-Jahre wurde die Qualität seiner Live-Acts beständiger. Ob Woodstock II 1994 oder Jahrhunderthalle Frankfurt 2000: Dylans Auftritte sind faszinierend und machen Spaß, bleiben wegen der stets wechselnden Songauswahl spannend, sind aber keine kräftezehrende „Tour de force“ mehr für Künstler und Publikum. Als Dylan im Herbst 1997 nach jahrelanger Schreibhemmung die CD „Time Out Of Mind“ veröffentlichte, erregte er wieder einmal großes Aufsehen: „Ein großes Alterswerk“ und „Er ist wieder da“, jubelte die Presse – als wäre er je wirklich weg gewesen. Im Gegensatz zum Touren fällt ihm die Produktion von Platten aber anscheinend immer noch schwer: Seit „Time Out Of Mind“ sind auch schon wieder vier Jahre vergangen. Dylan nervt die Arbeit im Studio: „Ich mache nur Platten, weil die Leute kommen, um mich live zu sehen“, so seine Einstellung.
Gefeierte Legende
Zum Sechzigsten wird ihm natürlich umfassend Tribut gezollt. Etliche neue Bücher und CDs kommen auf den Markt. Hier zu Lande wird kräftig getrommelt für Willi Winklers Dylan-Biografie. Aber sie gehört leider zu den schlechteren. Zu penetrant ist der Blickwinkel des enttäuschten Fans, zu verkrampft die betont lässige Sprache, zu dünn die Faktenlage, zu kalkuliert das ganze Projekt. Da sollte man lieber die CD „Bob Dylan – Live 1961–2000“ (Sony Music) hören. Eine gelungene Retrospektive auf den „Performing Artist“ Dylan. Leider ist sie in Deutschland nur in limitierter Auflage erschienen.
Und was wünschen wir Bob Dylan zum Geburtstag? – Dass er so bleibt wie er ist, nämlich immer anders und doch er selbst. Man kann gespannt sein, womit uns der immer noch kreative alte Junge aus Minnesota noch überraschen wird.