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Standortvorteil Hafenflair

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Zum sechsten Mal „Elbjazz“ im Hamburger Hafen
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Nur das Hamburger Wetter, das ist am letzten Mai-Wochenende einfach nicht kalkulierbar. Vor drei Jahren holte man sich einen Sonnenbrand, vor zweien brauchte man Schwimm- und Regenhäute, im vergangenen Jahr fegte ein Sturm das schöne Wetter hinweg, heuer nun regnete es zwar kaum, war aber unangenehm kalt. Das ist indes schon das einzige, was Tina Heine nicht im Griff hat, die Erfinderin und Leiterin des Elbjazz Festivals. Karsten Jahnke, der mächtige Hamburger Veranstalter, soll in einer verfahrenen Sache mal gesagt haben: „Das ist unmöglich – außer man lässt es Tina Heine versuchen“.


Mit einer Mischung aus frechen Ideen, Stehvermögen und unwiderstehlichem Charme, hat Heine vor sechs Jahren eine eigentlich unmögliche Idee, ausgebrütet an den Tischen ihres Lokals „Hadleys“, zum Leben erweckt: ein großes, buntes Jazzfestival-Wochenende im Hamburger Hafen. Keiner konnte ihr widerstehen, nicht der Senat, nicht Blohm & Voss, deren Werftgelände normalerweise tabu, nun aber mit drei Bühnen zentraler Festivalort ist, und natürlich auch nicht Karsten Jahnke, der dem Vernehmen nach immer noch Defizite übernimmt. Zum sechsten Mal ging Elbjazz nun über die Bühnen, außer denen von Blohm und Voss auch noch drei rund ums Hafenmuseum, auf der MS Stubnitz, in der Katharinenkirche und – als Talent-Plattform – am Großen Grasbrook, der Barkassen-Ablegestelle. Über 50 Konzerte überrollen einen da in zweieinhalb Tagen, nicht eingerechnet die dazugehörigen Clubnächte im Uebel & Gefährlich, Mojo Club, Golem, Resonanzraum, in der Prinzenbar und der Nocht­wache und das Rahmenprogramm von der Fotoausstellung übers Kinderprogramm bis zur Stummfilmvertonung.  

Vor jedem Fazit muss man also festhalten: Hier ist das Festival der Star. Mehr als von jedem Künstler lebt dieses Ereignis von seinem einzigartigen Ambiente, vom Hafenflair, den Bootsfahrten, dem Marsch durch den alten Elbtunnel. Was sich noch vermehrt auszahlen wird in Zeiten, in denen die großen Stars oder gar Legenden im Jazz aussterben. Auch wenn man sie natürlich schon hier hatte, Elbjazz ist nicht wie andere Festivals auf Gedeih und Verderb von der Zugkraft etwa eines Jamie Cullum, eines Gregory Porter oder einer Esperanza Spalding abhängig. Was nicht heißt, dass das Programm Nebensache wäre. Die drei dafür Verantwortlichen – darunter auch der Münchner Klaus von Seckendorff (ob das wohl andersherum möglich wäre?) – machen ihren Job exzellent. Weil sie Mischung und Offenheit anstreben, ohne den Kern eines Jazzfestivals zu verwässern.

So waren auch heuer wieder alle bei diesem stundengetakteten Konzert-Marathon vertreten: Die, die man aktuell erwarten darf, vom schon in Burghausen überzeugenden, ewig jungen Veteranen Monty Alexander bis zum schon in Burghausen enttäuschenden Sängerdarsteller Mario Biondi, von Marc Ribot bis Pablo Held, von der unverwüstlichen Dee Dee Bridgewater bis zu ihrer Nachfolgerin in spe Cecile McLorin Salvant, von Michael Wollny bis zu Jacky Terrasson, und von Vijay Iyer bis zu Giora Feidman. Aber auch Entdeckungen, wie das finnische UMO Jazz Orchestra als amtliche Begleiter von US-Größen, Eric Schaefers Waves-Project, der wilde, aber grandiose französische Metal-Jazzer Guillaume Perret oder typische Berliner Projekte wie Kuu oder Tenors of Kalma. Sogar nur noch am Rande dem Jazz zugehöriges Süddeutsches fand seinen Platz: die Weilheimer Indie-Kreativköpfe um Micha Acher ebenso wie Stefan Dettls Blas-Rock-Power-Truppe LaBrassBanda, letztere sogar als Prime-Time-Act auf der Hauptbühne. Und damit ist gerade mal ein Viertel des Gebotenen benannt.

Denn das ist es, was man als Besucher normalerweise gerade so schafft. Planung ist dabei angesagt, viel Interessantes läuft parallel, überschneidet sich, und überdies sind die Wege nicht eben kurz und unbeschwerlich. Beim Festival-„Profi“ hinterlässt dieser Festival-Typus natürlich Unbehagen. Man hat sehr viel gesehen – aber noch mehr verpasst. Was denen, für die er gedacht ist, natürlich schnuppe ist und sein kann: die aufgeschlossenen, durchaus ein bisschen eventhungrigen Hamburger, die nicht unbedingt Jazzkenner sein müssen. 15.000 bis 20.000 lassen sich mittlerweile darauf ein und trotzen dabei auch dem Wetter, wenn’s sein muss. Eine Breitenwirkung, die auf Dauer Bewusstsein schaffen und Geschmack bilden kann. Dann könnte Hamburg tatsächlich die deutsche „Jazz-Hauptstadt“ werden, von der die Stadt-Honoratioren – die ansonsten keinen Jazzer-Namen richtig aussprechen können – bei der seit drei Jahren vorgeschalteten Echo-Jazz-Verleihung sehr voreilig schon immer reden.

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