Hauptrubrik
Banner Full-Size

Vaterfiguren des befreiten Jazz

Publikationsdatum
Body
Am 9. November wurde der Albert-Mangelsdorff-Preis 1997 der GEMA-Stiftung durch die Union Deutscher Jazzmusiker an Ernst-Ludwig Petrowsky anläßlich des JazzFestes Berlin verliehen. Nachfolgend ein Ausschnitt aus der Laudatio des Musikpublizisten Bert Noglik. „Wie kein anderer im Osten Deutschlands verkörpert Petrowsky eine bis in die 50er Jahre zurückreichende jazzmusikalische Kontinuität. Was sich in seinem Spiel veränderte und Zeitgenossen mitunter verwunderte, erscheint retrospektiv als folgerichtig und wie aus einem Guß. Vor allem aber hat Petrowsky in all den Jahren seine musikalische und menschliche Integrität bewahrt. Das ließ ihn, der sich gelegentlich als den „dienstältesten Jazzmusiker der DDR“ bezeichnete, zu einer Art Vaterfigur werden; einer, dem man vertrauen und an dem man sich orientieren kann. Und obwohl die Jazzentwicklung Ost und die Jazzszene West lange Zeit nur schwer miteinander zu vergleichen waren, erscheint Ernst-Ludwig Petrowsky in mehrfacher Hinsicht als ein Pendant zu Albert Mangelsdorff. Vieles im Osten war schwerer. Petrowsky hat Jahre, Jahrzehnte auf Reisegenehmigungen warten müssen. Das kann sich nur noch vorstellen, wer Ähnliches erlebt hat. Aber auch die Intensität, mit der alles aufgesogen wurde, erscheint bemerkenswert: Jazz als Weltgewinn. Zu den lnspirationsquellen der 60er Jahre zählten nicht nur westliche Schallplatten, sondern auch Begegnungen mit östlichen Nachbarn. In einem Jugendlager – man muß sich das vorstellen – ist Luten Petrowsky damals mit dem Akkordeon spielenden Krzysztof Komeda zusammengetroffen. Wenig später jammte er gemeinsam mit einem anderen Hochtalentierten, der bald darauf außer Reichweite geriet: der junge Joachim Kühn. Ging es mit dem Manfred-Ludwig-Sextett noch um selbstbewußten Anschluß an internationale Standards, so wurden mit dem Rundfunk-Jazzensemble Studio IV Brücken angebahnt: von traditionell-modernen Jazz hin zu einer freieren Spielweise, die sich dann in den 70er Jahren durchsetzte; Petrowsky in Gruppen mit Klaus Koch, Günter Sommer, Heinz Becker, Helmut „Joe“ Sachse, mit der Gumpert Band und mit „Synopsis“.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!