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100 Jahre Mahler in Toblach, 100 Jahre „Das Lied von der Erde“

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Die 28. Gustav-Mahler-Musikwochen in Toblach feierten doppeltes Jubiläum
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Die diesjährigen Gustav-Mahler-Musikwochen in Toblach standen unter dem Zeichen eines doppelten Jubiläums: Zum einen hieß das Motto „100 Jahre Gustav Mahler in Toblach“.

Im Jahre 1908 hatte sich Mahler den im Südtiroler Pustertal gelegenen Ort gemeinsam mit seiner Frau Alma als Sommerresidenz ausgesucht. Und ganz in der Nähe des Trenkerhofs, in dem die Familie Quartier bezog, ließ sich Mahler ein Komponierhäuschen errichten, in dem er ungestört schaffen konnte. Dort komponierte er gleich im ersten Sommer das „Lied von der Erde“. Dem 100. Jahrestag der Entstehung dieser Partitur war nun das Programm der Mahler-Feierlichkeiten gewidmet. Gleich dreimal war das Werk zu hören: als Tanzstück nach einer Choreographie von Sabine Raffeiner, in der heute fast ausschließlich gespiel-ten Orchesterfassung zum Abschluss der Musikwochen mit dem Bundesjugendorchester unter Jac van Steen sowie in der von Mahler selbst erstellten Klavierfassung. Wohlgemerkt: Es handelt sich hier nicht um einen Klavierauszug, sondern um eine eigenständige, etwa gleichzeitig zur Orchesterpartitur entstandene Version.

Die Umstände der Toblacher Aufführung hatten etwas von einem historischen Ereignis an sich: Die Aufführenden – Hermine Haselböck (Mezzosopran), Bernhard Berchtold (Tenor) und der Pianist Markus Vorzellner – musizierten im Komponierhäuschen, während das Publikum davor Platz nahm, unter freiem (und gottlob trockenem) Himmel. Die akustisch nicht ganz unheiklen Umstände wurden durch die Qualität der Interpretation vollends transzendiert; von den Musikern ist besonders Hermine Haselböck hervorzuheben, der es in den Schlusstakten des Abschieds mit den wiederholten Worten „Ewig, ewig“ eine gleichsam entkörperlichte Atmosphäre zu schaffen gelang. Wie es in Toblach Tradition ist, spielte die zeitgenössische Musik eine bedeutende Rolle – etwa in einem (allerdings zu lang geratenem) Gesprächskonzert mit dem Ex Novo Ensemble unter Alberto Caprioli. Joris Ivens Stummfilm „Regen“ mit der Originalmusik von Hanns Eisler gelangte ebenso zur Aufführung wie die Premiere der Komposition „Genug“ von Milan Adamciak. Die Südtiroler Schlagzeuggruppe conTakt interpretierte in einem weiteren Konzert unter anderem Iannis Xenakis’ „Persephassa“.

Das „Toblacher Mahler-Protokoll“ hatte auch in diesem Jahr renommierte Mahler-Experten zu Gast: Jens Malte Fischer, Autor einer ebenso faszinierenden wie umfangreichen Biografie des Komponisten, referierte über das Thema „Warum Mahler nach Toblach kam“. Biografie und Werk Mahlers gehen in den „Toblacher Jahren“ eine noch engere Verbindung ein als in früheren Jahren. Zuerst musste er, nach dem Schicksalsschlag des Todes der Tochter, die Freude am Schaffen wiedererlangen und in den „Schrecknissen der Einsamkeit“, in denen kein Verdrängen des Schmerzes möglich war, zu sich selbst zurückfinden. Und die „Toblacher Katastrophe“ – Almas Affäre mit Walter Gropius – resultiert in den selbstquälerischen Ausbrüchen der unvollendeten 10. Sinfonie. Unter dem Titel „Was uns Mahler erzählt“ sprach Constantin Floros über das von ihm in seinen Büchern intensiv erforschte „innere Programm“ der Sinfonien. Schlussendlich machte Dietmar Holland in einem instruktiven und kurzweiligen Vortrag mit Otto Klemperer bekannt – dem unerbittlichsten unter den Mahler-Dirigenten der ersten Generation.

Nachdem im letzten Jahr kein Preis für die beste Neuproduktion vergeben wurde, war sich die Jury des Schallplattenpreises „Toblacher Komponierhäuschen“ heuer einig und kürte Bernard Haitinks Interpretation der Sinfonie Nr. 4, aufgenommen in Amsterdam anlässlich Haitinks 50-jährigem Jubiläum beim Concertgebouw Orkest. Den Preis für die beste Wiederveröffentlichung erhielt – passend zum diesjährigen Motto – Fritz Reiners Einspielung des „Lieds von der Erde“ von 1959, und der Sonderpreis ging an Janet Baker zum 75. Geburtstag.
 

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