Zum fünften Mal schon traf man sich, um die Ergebnisse von Komponisten, die sich an Kinder- oder Jugendchöre wenden, in einem Uraufführungskonzert und anschließender Diskussion zu prüfen. Die Idee des AMJ (Arbeitskreis Musik in der Jugend) ist gut. Deutschland ist, was Singen in der Jugend anlangt, vor allem aber, was das Engagement der Komponisten betrifft, fast ein Entwicklungsland (Länder im Norden und Osten zumindest haben diesbezüglich eine weit profundere Tradition). Inzwischen haben staatliche Finanzgeber die Wichtigkeit des Projekts eingesehen und so kommt es, dass auf diesem Weg alljährlich eine Handvoll engagierter Kompositionen für Jugendchöre entstehen, die dann in die Breite gehen können. Zwanzig Werke waren für die letzten vier Treffen entstanden, Chormusik mit Anspruch, die gleichwohl Rücksicht auf technische Grenzen nehmen.
Zum fünften Mal schon traf man sich, um die Ergebnisse von Komponisten, die sich an Kinder- oder Jugendchöre wenden, in einem Uraufführungskonzert und anschließender Diskussion zu prüfen. Die Idee des AMJ (Arbeitskreis Musik in der Jugend) ist gut. Deutschland ist, was Singen in der Jugend anlangt, vor allem aber, was das Engagement der Komponisten betrifft, fast ein Entwicklungsland (Länder im Norden und Osten zumindest haben diesbezüglich eine weit profundere Tradition). Inzwischen haben staatliche Finanzgeber die Wichtigkeit des Projekts eingesehen und so kommt es, dass auf diesem Weg alljährlich eine Handvoll engagierter Kompositionen für Jugendchöre entstehen, die dann in die Breite gehen können. Zwanzig Werke waren für die letzten vier Treffen entstanden, Chormusik mit Anspruch, die gleichwohl Rücksicht auf technische Grenzen nehmen.Vier Arbeiten (von Thomas Riegler, Frank Löhr, Matthias Drude und Rolf Rudin) kamen nun in Bensheim an der Weinstraße (nahe bei Darmstadt) hinzu. Allein schon das Engagement der Chöre, der Kinderchor am Alten Kurfürstlichen Gymnasium Bensheim, der Mädchenchor der Landesschule Pforta, der Kammerchor „Klara Wieck“ Zwickau und der Mädchenchor am Essener Dom, machte nachdrücklich den Sinn der Veranstaltung klar – und die Begeisterung der Präsentation tat ein Übriges.Heterogen die Kompositionen selbst: ein Quasi-Musical „Wir zeigen Gesicht“ über Ausländerfeindlichkeit von Thomas Riegler mit eher schlichten Song-Strukturen, ein in sich ambivalenter Chorzyklus „Jede Nacht...“ als Panorama gegenwärtiger musikalischer Gesangstechniken von Frank Löhr, eine anklagende Folge über deutsche Geschichte und heutige Aufarbeitung „Ob man die Fäuste öffnen kann“ von Matthias Drude und schließlich zwei Arbeiten „Irische Segenswünsche“ und „Weg zum Licht“ von Rolf Rudin.
Debatten entzündeten sich daran, es waren fruchtbare. Überhaupt gab die Gesprächsrunde am Morgen nach dem Konzert mit Komponisten, Chorleitern, Ausführenden und Kritikern dem Ganzen eine besondere Schubkraft. Denn hier standen sich mindestens drei Welten gegenüber. Die Jugendlichen erzählten emphatisch über eigene Anliegen, darüber, was sie von verantwortungsvollem Umgang mit Musik für sich selbst erwarten, die Komponisten, die ihre Arbeit in Kontakt und Debatte mit den jeweiligen Jugendchören zu bewerkstelligen hatten, berichteten von der Situation des kompositorischen Tuns, das sich nicht nur auf individuelle Verantwortung zurückziehen kann, das sich also dem kritischen Dialog mit den Ausführenden zu stellen hat, und schließlich gab es kritische Stellungnahmen von außen, die im Wesentlichen nur das Ergebnis und seine Wirkung betrachteten. Und wieder einmal wurde dieser kritische Aspekt gewahr, wie differenziert die schöpferische Seite ihre Wege und vielleicht auch Irrwege beschreitet. Macht zum Beispiel Thomas Riegler etwas falsch, wenn er „Ausländer raus“ in IV-V-I-trivialisierter musikalischer Form entgegentritt, oder bricht dieses Tun nicht einiges auf in den Köpfen, die vielleicht untentschlossen, aber noch nicht verhärtet sind? Stellen nicht Frank Löhr und Matthias Drude mit ihren weiträumigen Konzepten einen Kontakt her („Whow – ein echter Komponist!“, berichteten die singenden Schüler über die erste Begegnung), der dem eigenen Bewusstsein, den eigenen Ängsten die Scheu nimmt – und sei es auf dem Weg, dass man die Ängste anderer deutlicher wahr nimmt? Im Arbeiten mit jugendlichen Chören stehen Fragen dieser Art immer im Zentrum. Eine Aufforderung an die Komponis-ten steht im Raum: sich ebenfalls mit diesen Fragen intensiv zu beschäftigen.