Zu allen Zeiten waren Musiker unterwegs, als fahrende Spielleute, reisende Virtuosen, Interpreten und Komponisten. Sie suchten neue Anstellungen oder tourten durch Stadt und Land von einem Auftritt zum nächsten. Mit den räumlichen Wanderungen von Ort zu Ort verbunden waren meist auch Begegnungen mit anderen Musikstilen und Kulturen, die auf die eigene Musik zurückwirkten. Wie mit Füßen oder Fahrzeugen waren Musiker stets auch mit Geist, Phantasie und Vorstellungskraft in Bewegung, so dass es immer wieder zu technischen und stilistischen Veränderungen kam. Von der Gregorianik bis zur Elektronischen Musik gaben diese Wandlungen der europäischen Kunstmusik ihre abenteuerliche Dynamik, die schließlich die Suche nach Anderem, Neuem, Originalem zu einem verbindlichen Gebot werden ließen.
Musik und Wanderschaft verbindet schon seit Jahren das Tiroler Festival für neue Musik „Klangspuren“, das heuer mit Hilfe von 4.600 Sängern von Kuf-stein im Norden bis zur Festung Franzensfeste in Südtirol eine Klangkette quer durch die Alpen legen wird. Unter der neuen künstlerischen Leitung von Matthias Osterwold bietet das selbsterklärte „Festival in Bewegung“ vom 7. bis 27. September ansonsten zehn Uraufführungen, darunter Novitäten des Dänen Hans Abrahamsen und des aus Tirol stammenden Wolfgang Mitterer – der beiden Composer in Residenz – sowie von Christian Winther, Maria Gstättner, Hannes Kerschbaumer, Gordon Kampe, Katharina Klement, Bruno Strobl und Juliana Hodkinson. Klangwanderungen im Raum verspricht auch Osvaldo Budóns Konzertinstallation „tablaturas espaciales“ mit 55 mikrotonal gestimmten Gitarren und elf Musikern, die am 12. September in der Berliner St.-Elisabeth-Kirche im Rahmen des vom Berliner Künstlerprogramm des DAAD veranstalteten Festivals „mikromusik“ für experimentelle Musik und Sound Art zu erleben sein wird.
Unter dem Motto „Unterwegs“ stehen dieses Jahr auch die insgesamt einhundert Kurzkonzerte, die am 13. September bei der zehnten Kölner Musiknacht zwischen 18 und 2 Uhr nachts jeweils zur vollen Stunde gleichzeitig an 25 verschiedenen innerstädtischen Spielstätten stattfinden. Die Freie Kölner Musikszene zeigt sich hier ausdrücklich als eben jenes Migrationsphänomen, als das sie sich seit den 1950er- Jahren mit Hilfe von Musiker aus aller Welt herausbildete, die nach Köln kamen, um hier zu studieren, zu arbeiten, zu lehren und schließlich eigene Ensembles, Vereine, Spielstätten, Verlage und Labels aufzubauen. Zu erleben sind einhundert Formationen vom Solisten bis zu großen Ensembles, Bigbands und Chören unterschiedlichster Sparten und Stilistiken von Jazz, Improvisierter, Alter, Globaler sowie Neuer Musik, von Ensemblewerken bis zu experimenteller Elektronik und Performance, darunter auch zehn Uraufführungen von Paul und Ole Hübner, Robert HP Platz, Stefan Schultze, Georg Kröll, der Klangbrigade Mälzl, Albrecht Zummach, Michael Feldmann, Friedrich Jaecker, Niklas Seidl und Andreas Wagner.
Weitere Uraufführungen:
14.09.: Karl Gottfried Brunotte, Amen V für Stimmen, Stadthalle Offenbach
14.09.–2.10.: Beethovenfest Bonn, neue Werke von Alexandre Ouzounoff, Philipp Maintz, Param Vir, Martin Smolka, Helmut Oehring, Tolga Yayalar, Hannah Hanbiel Choi und Myung-Sun Lee
18.09.: Wolfgang Rihm, Sextett für Streichquartett, Klarinette und Horn, Amsterdam
20./26.09.: Rochus Aust und das 1. Deutsche Stromorchester, Zehn Märsche um den Sieg zu verfehlen: Marsch 04 auf der Grenze des Durchhaltevermögens, Funtastik Bergheim, und Marsch 09 auf der sorbisch-deutschen Sprachgrenze, Panschwitz-Kuckau