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Beschreibungsversuch

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Uraufführungen (2009/04)
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So wie er während der letzten Jahre Werk auf Werk häufte, konnte man erahnen, wie sehr Mauricio Kagel bereits gegen die Zeit anschrieb. Angesichts seiner Leukämie-Erkrankung in Gedanken beim jahrelangen Siechtum von Heinrich Heines letzten Lebensjahren arbeitete er bis zu seinem Tode am 18. September letzten Jahres an einem Stück mit dem Titel „In der Matratzengruft – Versuch einer Beschreibung nach Worten von Heinrich Heine“. Das nicht mehr ganz fertiggestellte aber offenbar doch aufführbare Werk wird am 22. April 2009 in München posthum vom Ensemble musikFabrik erstmals gespielt.

 Wie der verewigte Meister des instrumentalen Theaters unternehmen seit Jahr und Tag viele Komponisten den „Versuch einer Beschreibung“ von Außermusikalischem durch Musik. Sie verstärken den von Adorno bereits 1966 als „Verfransungsprozess“ beschriebenen Trend zur Verbindung von Musik mit Theater, Tanz, Licht, Literatur, Malerei, Architektur, Film, Video, Computer, Design … Ausdrücklich auf Intermedialität setzt eine neue Kölner Konzertreihe „für Gegenwartsmusik, Elektronik und neue Medien“.

Die nächste Veranstaltung der „reiheM“ bestreiten am 11. April in der Bismarckhalle der Spichern Höfe die Schauspielerin Maria Faust, der Bildende Künstler Stephan Brenn und der Komponist Frank Schulte zusammen mit einem „intermediären, akusmatischen sinneslaboratorium“ für Auge, Ohr und welche Sinne auch immer, dessen Titel „der raum zwischen den ohren“ zu denken geben dürfte. Am selben Tag und ebenfalls in Köln erklingt in der Kunst-Station Sankt Peter während eines Konzerts zur Osternacht unter dem Titel „Farben, Formen … Gebet“ erstmals ein neues Werk von Pèter Köszeghy. Wer vermutet, Musik würde dabei in Kombination mit Außermusikalischem vereindeutigt, täuscht sich, denn Deutungsspielräume bleiben und nehmen unter Umständen noch zu.

So bleibt fraglich, ob sich Jan Kopps Stück „Stillen“, das die Stuttgarter Musikschule am 2. April im Treffpunkt Rotebühlplatz uraufführt, auf das Nähren eines Säuglings an der Mutterbrust bezieht oder auf den im Duden nicht vorgesehenen Plural von Stille?

Die multimediale Kunstform der älteren Musikgeschichte war die Oper, und sie ist es geblieben. Das Mecklenburgische Staatstheater in Schwerin bringt am 19. April zum ersten Mal Stefan Heuckes Märchen „Der selbstsüchtige Riese“ auf die Bühne. Und am 25. April hat Salvatore Sciarrinos Einakter „Vor dem Gesetz“ nach dem gleichnamigen Text von Franz Kafka an der Oper Wuppertal Premiere.

Und im oberösterreichischen Ulrichsberg beginnt am 30. April Peter Ablingers „Landschaftsoper Ulrichsberg“ mit einer „Baumbepflanzung nach akustischen Gesichtspunkten“, der bis zum 14. Juni sechs weitere Akte folgen werden. Als Vorklang einer ganzen Reihe neuer Stücke, die anlässlich des heurigen Haydn-Jahres entstanden, gelangt schließlich am 30. April Dieter Schnebels Klaviertrio „Haydn-Destillate“ zur Uraufführung, an historischem Ort: im Haydn-Saal von Schloss Esterházy in Eisenstadt.

Weitere Uraufführungen

03.–05.04.: Forum Neuer Musik „La otra América“ im DLF Köln mit Uraufführungen lateinamerikanischer Komponisten: Boris Alvarado, Ramón Gorigoitía, Tato Taborda, Ana Maria Rodríguez, Juan José Bárcenas, Alejandro Castaños, Georgina Derbez, Arturo Fuentes, Aleyda Moreno.

05.04.: Marcus Antonius Wesselmann, solo 17 für Trompete, Marco Blaauw, Altes Pfandhaus Köln

17.04.: Rebecca Saunders, Diclosure, mit Mitglieder des Oberlin Konservatoriums daselbst

18.04.: Moritz Eggert, Hämmerklavier XX: One Man Band 2, anlässlich 20 Jahre „Winners and Masters“, Gasteig München

24.–26.04.: Wittener Tage für neue Kammermusik mit Uraufführungen von: Daniel Ott, Christina Kubisch, Oliver Schneller, Misato Mochizuki, François Sarhan, Martin Smolka, Jo Kondo, Georges Aperghis und vielen anderen

25.04.: Trio Klanggezeiten mit Michael Ranta, Dieter Mack und Rezo Kiknadze, Kunstencentrum Belgie Hasselt

26.04.: David Philip Hefti, ROTAS – Konzert für Oboe und Orchester, Kongresshalle Augsburg

29.04.: Georg Friedrich Haas, Neues Werk für Münchner Kammerorchester, Kulturhaus Dornbirn

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