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Arsen im Gärtnerplatztheater. Foto: Lioba Schöneck
Arsen im Gärtnerplatztheater. Foto: Lioba Schöneck
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Crossover-Wirrwarr – Der beabsichtigte „Rokoko-Thriller Arsen“ des Gärtnerplatztheaters missglückt

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Das 18.Jahrhundert ist ja reich an Gift- und Zaubertränken. Da tauchen Namen wie Cagliostro und Casanova auf, Choderlos de Laclos’ „Gefährliche Liebschaften“ zeigen diese Welt in Buch und Film, Opernfreunde leiden mit „Adriana Lecouvreur“, die wohl wirklich vergiftet wurde und auch die Schullektüre vom „Fräulein von Scuderi“ taucht auf… Doch nach den anderthalb Bühnenstunden von „Arsen – Ein Rokoko-Thriller“ im perfekten Raum des Cuvilliéstheaters bleibt die Vermutung, dass Autor und Choreograph Jo Strømgren, Dramaturg David Treffinger und sogar Intendant Josef Köpplinger irgendwie nicht ganz bei Sinnen waren – der Intendant, dass er dieses unausgegoren wirre Machwerk so zur Staatstheater-Premiere zuließ; der Dramaturg, dass er entweder zu schwach oder „grandios postdramatisch“ war und der Norweger Strømgren seine deutlichen Grenzen nicht kennt. Leider ein Abend, der angesichts von bundesweiten Theaternöten denken lässt: Und dafür gibt es Staatstheatergagen?!

Auszunehmen von diesem theatralisch wirren Mischmasch: das reizvoll abgestufte Musizieren des kleinen „Barock-Ensembles“ unter Jürgen Goriup, die zusammen von Corellis „Largo“ über Vivaldis „Il sonno“ zu Albinonis „Presto“ viel vom Reiz  und der Vielfalt barocker Kompositionen hörbar machten. Auszunehmen auch das tänzerische Engagement des Gärtnerplatzensembles, das in rasanten Kostümwechseln Charaktere von „Adelsgesellschaft“, „Osmanen“, „Ungarn“, „Hexe und Intrigant“, „Herren“, „Comtessen“, Priester und Dienstboten tänzerisch gekonnt und in Ansätzen amüsant darbot.

Aber Inhalt und Form des Ganzen bleiben unter dem Niveau von Proseminararbeiten der Theaterwissenschaft. Strømgren lässt einen Erzähler aus dem Off sprechen: keineswegs im imitierten Tonfall des galanten Zeitalters, andererseits unumgänglich, weil sonst der Inhalt der szenischen Aktionen unverständlich bliebe. Strømgren gelingt weder eine raffiniert feine Adels-Persiflage noch eine groteske bis absurde Entlarvung à la Monty Python, er mixt  Bruchstücke von Tanztheater, Akrobatik, Ausdruckstanz und Klassik ohne dass ein „Gift-Cocktail“ entsteht, schon gar kein „Thrill“. Strømgren mischt dann noch aktuelle Stammtisch-Urteile über „Ausländer“, „Ungarn“ und „Türken“ – und bekommt dafür „Stammtisch-Lacher“ im Publikum. Dem Abend fehlte am Ende und deshalb hier: Buh!

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