Trotz der Unterschiede ihres Materials und Mediums in Zeit beziehungsweise Raum gibt es zahllose wechselseitige Einflüsse und Analogien zwischen Musik und Malerei. Hier wie dort spricht man von Komposition. Begrifflichkeiten wie Klangfarbe und Orchesterpalette sind Entlehnungen aus der Bildenden Kunst. Und Epochenbezeichnungen wie Renaissance, Klassik, Impressionismus oder Expressionismus verdanken sich der Kunstgeschichte. Manche Komponisten betätigten sich auch als Maler, etwa Mendelssohn, Schönberg, Hindemith, Cage, Logothetis. Andere lassen sich durch Kunst zu Musik anregen oder inspirieren ihrerseits Künstler. Phänomenologisch gleicht das Hören von Musik der Beobachtung eines von einem Maler geführten Pinsels ohne Farbe, der keine Spuren hinterlässt, so dass der Bewegungsablauf sich nicht materialisiert, sondern nur mit der Zeit durch unser Erinnerungs- und Vorstellungsvermögen zu einer wie auch immer schemenhaften Gesamterscheinung zusammengefügt werden kann.
Visuelle Erlebnisse von Kunst und Natur geben Komponisten vielfach Anlass zu Musik. Beim musica viva-Konzert des Bayerischen Rundfunks in der Münchner Villa Stuck am 6. Februar erklingen erstmals das Streichtrio „The Pencil of Nature“ von Graham Lack sowie neue Werke von Annette Schlünz und Miguel Farías. Am 11. Februar präsentiert dieselbe Konzertreihe im Herkulessaal der Münchner Residenz als Uraufführungen Chaya Czernowins orchestrales Tableau eines nächtlichen Schneesturms „Sand, Snow, a study in dust“ sowie Friedrich Schenkers „In Höhen – Spiegellandschaft“, eine Alpenorchestermusik und Sven-Ingo Kochs Klarinettenkonzert „Doppelgänger“. Der bekannteste Klangkalligraph unserer Tage ist Toshio Hosokawa, dessen neues Konzert für Horn und Orchester am 10. Februar in der Berliner Philharmonie erstmals gespielt wird. Am gleichen Tag bringt das Münchener Kammerorchester im Prinzregententheater der Bayerischen Hauptstadt Márton Illés „Rajzok (Zeichnungen)“ zur Uraufführung.
Mit Zeichnungen einer historischen Malerpersönlichkeit befasst sich „Der Bilderfresser“ von Fabio Nieder. Das Stück ist eine zentrale Szene seines Musiktheaterwerks „Thümmel oder die Verlöschung des Wortes“, an dem er seit fast zehn Jahren arbeitet. Nieder nimmt die vom Triester Maler Viktor von Thümmel während dessen letzten Lebensjahren in einer Irrenanstalt zeichnerisch festgehaltenen Visionen und Traumbilder als Vorlagen für musiktheatralische Szenen. Deren orchestrale und chorische Einkleidung bildet den Rahmen für einen Komplex aus Klavier, Akkordeon, Perkussion und konzertanten Violinen, die gleichsam eine „Thümmel-Klangpersönlichkeit“ verkörpern. Uraufgeführt wird das Stück am 17. Februar in der WDR-Reihe „Musik der Zeit“ im Großen Sendesaal des Kölner Funkhauses. Premiere haben im selben Konzert auch Caspar Johannes Walters „Interferenzen“ für vier Schlagzeuger an einem Flügel.
Weitere Uraufführungen
7.2.: Gernot Wolfgang, Lyrical Intermezzo, Stadttheater Wels
9.2.: Rodion Shchedrin, Doppelkonzert „Romantic Offering“ für Klavier, Violoncello und Orchester, Luzern
10.–13.2.: Festival ECLAT im Theaterhaus Stuttgart mit 14 Uraufführungen, darunter am 11.2. das Musiktheaterprojekt „geblendet“ in fünf Szenen mit Musik von Michael Beil, Hans Jürgen Gerung, Manuel Hidalgo, Mischa Käser und Filippo Perocco.
12.2.: Elisabeth Naske, Don Quichotte en famille, Musiktheater für zwei Pantomimen und Ensemble, Philharmonie Luxembourg
17.2.: Milko Kelemen, Madrigal Rouge für Klavier und Orchester, Fruchthalle Kaiserslautern
26.2.: Charlotte Seither, Neues Chorwerk, Festspielhaus Hellerau Dresden
26.2.: Heinz Winbeck, Lebensstürme. Ein Quodlibet mit und nach Musik von Franz Schubert, Landestheater Linz