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Vesselina Kasarova © Marco Borggreve, SonyBMG
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Die Mischung macht es doch nicht immer – Vesselina Kasarowa und Kammerphilharmonie Amadé in Leverkusen

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„Pasticcio“. Das Etikett fürs „exquisite Abo“ von Bayer Kultur passte schon ziemlich genau aufs Programm des Sonderkonzerts mit der bulgarischen Mezzosopranistin Vesselina Kasarowa und der Kammerphilharmonie Amadé unter Frieder Obstfeld. Neben Berlin und Steinfurt machte die Künstler-AG Station in Leverkusen. Ein Konzertabend wie ein Menu – aus lauter Beilagen.

Das war auch nicht anders gedacht: Arien-Pasticcio aus Händel-, Gluck- und Mozart-Opern, Tschaikowskys Streicherserenade C-Dur, 3. Suite aus Respighis Antiken Arien und Tänzen sowie eine (beliebig klingende, im Programmheft ohne Autorangabe gebliebene) Bearbeitung von Mozarts Ave verum corpus. Alles sehr auf Wirkung berechnet. Mit dem Verschwinden musik- respektive werkimmanenter Zusammenhänge war dafür der übliche Preis zu entrichten. So ist das halt, wenn das Medium die Botschaft sein soll, wenn Veranstalter und Künstlermarketing ineinandergreifen, wenn eine „Prima donna assoluta“ ausgerufen, ein „Gala-Konzert“ beworben werden will.

Dabei war gar nicht einzusehen, inwiefern das unstrittige Künstlertum der Ausführenden sich diesem inhaltsindifferentem Mischprogramm beugen sollte. Von Vesselina Kasarowa sind ja entsprechend unmissverständliche Äußerungen in Umlauf. „Was fange ich mit meinen Möglichkeiten an, was drücke ich mit meinen Tönen aus?“ fragt sie sich nicht nur, wenn sie gerade ein Interview geben soll. Auch an der Art, wie die Kasarowa noch während des Orchestervorspiels in Haltung und Mienenspiel eben nicht ihre Botschaft, sondern die der Musik aufnahm und ausdrückte, meldete sich eindeutig die Künstlerin in der Sängerin.

Fülle des Wohllauts

Am Ende, nach Fan-Autogramm, nach Blumengabe seitens des auch in Leverkusen zahlreich erschienenen Kasarowa-Anhängerkreises durften wir uns die Zugabe aus dem Programm selber wählen. Bezeichnenderweise kam es nicht zur Wiederholung der Klagearie des Orpheus. Entgangen war dem hingebungsvoll lauschenden Publikum im konzerneigenen historischen Bayer-Erholungshaus offenbar nicht, dass die beschwörend vorgereckten Arme, fast eine Lieblingsgeste der Kasarowa, in diesem Fall ganz und gar fehl am Platz waren. Irgendwie war die Sängerin, statt sich der Innerlichkeit des Wehklagens hinzugeben, in Gedanken noch beim kämpferisch-heroischen Tonfall der Bravourarien des Ruggiero aus Alcina, des Ariodante sowie des Farnace aus Mozarts Mitridate. Deren Darbietung allerdings war makellos. Wie die Stimme dieser begnadeten Künstlerin: kräftig, doch stets zeichnend, glühend aus der Tiefe. Ein Genuss.

Gleiches muss dem Orchester bescheinigt werden. Trotz leichter Unstimmigkeiten im Schlussatz war vor allem der eröffnende Respighi so wunderbar musiziert wie das (zumindest in Nordrhein- Westfalen) sicher kein zweites Ensemble zu Wege bringt: Transparenz, Fülle des Tons, Zusammenspiel, Klangbalance – alles da. Überirdisch schön. Gemessen an seinen Leistungen erscheint dieses NRW-Ausnahme-Orchester freilich immer noch viel zu wenig gewürdigt. Mit Frieder Obstfeld hat die Kammerphilharmonie Amadé einen Musiker-Dirigenten an der Spitze, dessen Kunstwille ebenso unbedingt ist wie sein choreografisches, alle Regeln in den Wind schlagendes Dirigat einzigartig. Letzeres braucht keinen zu kümmern, so lange die Früchte reifen. Eigentlich ganz gute Gründe, auch Kasarowa-Programme in Leverkusen und anderswo auf hohes, höchstes Niveau zu heben. 

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