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Drache aus dem Ei

Untertitel
Wagners Siegfried an der Bayerischen Staatsoper neu inszeniert
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Was ist nur los mit unserer Kulturlandschaft, dass keine so richtige Freude mehr aufkommen mag? Fehlt es an der kritischen Neugierde oder an der notwendigen Demut vor dem künstlerischen Schöpfungsprozess? Eine satte Trägheit scheint sich breit zu machen, die jeden Neuanfang als längst Dagewesenes verspottet. Einzig der Skandal, die Randale taugt zum Qualitätsmaßstab in unserer eventverliebten Spätbürgerlichkeit. Und so flüsterten die Eingeweihten schon Tage vor der Münchner Siegfried-Premiere, dass es dieses Mal ganz schrecklich werden würde das Theater im Theater.

Was ist nur los mit unserer Kulturlandschaft, dass keine so richtige Freude mehr aufkommen mag? Fehlt es an der kritischen Neugierde oder an der notwendigen Demut vor dem künstlerischen Schöpfungsprozess? Eine satte Trägheit scheint sich breit zu machen, die jeden Neuanfang als längst Dagewesenes verspottet. Einzig der Skandal, die Randale taugt zum Qualitätsmaßstab in unserer eventverliebten Spätbürgerlichkeit. Und so flüsterten die Eingeweihten schon Tage vor der Münchner Siegfried-Premiere, dass es dieses Mal ganz schrecklich werden würde das Theater im Theater. Sollte dieser neue Münchner Ring tatsächlich Fluch-beladen sein? Was Herbert Wernicke im Rheingold als späte Rückschau auf seine früheren Wagner-Adaptionen begann, wurde abrupt durch seinen Tod beendet. Für die Festspiel Walküre waren Skizzen und Ideen bereits fixiert, doch der Siegfried musste in neue Hände gegeben werden. München entschied sich für den Amerikaner David Alden, der am Haus bereits mit Tannhäuser, Ariodante und Rinaldo auf sich aufmerksam gemacht hatte. Und nun der Ring, die deutsche und Münchner Herzensangelegenheit. Seit Chereau Wagners Tetralogie ins 19. Jahrhundert verlegte, ist der Zeitbezug en vogue. Der amerikanische Blick David Aldens zeigt uns eine moderne Familie, in der der Zwerg den Alleinerzieher mimt und Jungsiegfried der MTV-Generation entsprungen ist. Das mag auf den ersten Blick verstören; wenn man sich aber auf Slapstick und Komik einlässt, wenn die Kettensäge das Schwert ersetzt und der CD-Player des Knaben Wunderhorn, dann ergeben sich Beziehungskombinationen, die man so noch nicht gesehen hatte. Komik war angesagt, wenn etwa Mime und Alberich verkleidet als Krankenschwester und Onkel Doktor um den Leichnam des zum Patienten mutierten Fafner streiten. Ein lachendes Publikum in Wagners Siegfried, welch ein Skandal! Alden hat seinen Wagner ernst genommen, wo dieser im Idyll heiter sein wollte. Poetisch schön der zweite Akt. Der Waldvogel (Margerita de Arellano) schwingt im kleinen Schwarzen die Beine und der Drache springt wie Urmel aus dem Ei. Das ist alles genau in Szene gesetzt, fast eine wenig hektisch, aber immer auf den Punkt gebracht. Und so wartet man auf das Eigentliche, den dritten Akt.

Alden versucht den Neuansatz und kehrt doch zurück zum Vertrauten. Die Bühne –Gideon Davey, der auch für die Kostüme verantwortlich zeichnet- ist leer und in tiefes Rot gekleidet. Siegfried sucht das Weib und findet seine Brünnhilde in tastendem sich Annähern. Das ist bekannt und nicht sehr einfallsreich, lenkt aber wenigstens nicht von der Musik ab. Diese lag in der Verantwortung des zuverlässig agierenden Zubin Mehta, der im ersten Aufzug noch sichtlich Mühe hatte, die Musiker des Bayerischen Staatsorchesters in eine einheitliche Richtung zu führen. Mit dem Fortschreiten des Abends überwogen die Qualitäten: ruhige melodische Tempi und ein Dirigent, der die Stimmen niemals durch die Gewalt des großen Wagnerapparates zudecken ließ. Als Siegfried hatte man den Dänen Stig Andersen engagiert, der vor allem durch seine schauspielerische Bühnenpräsenz glänzte. Gabriele Schnaut als Brünnhilde vertraute mehr auf die Strahlkraft ihres Soprans als auf die lyrischen Stellen ihrer Partie. Unter den übrigen Protagonisten machte vor allen die glänzend disponierte Anna Larsson auf sich aufmerksam. Die schwedische Sängerin war der umjubelte Star des Abends; aber auch sie konnte nicht verhindern, dass der Proteststurm des Publikums Orkanstärke annahm. Wenn die Lautstärke der Buhs ein Gradmesser für künstlerischen Erfolg kennzeichnet, können die Verantwortlichen des Abend zufrieden sein. Wir anderen warten auf den nächsten Faschingsfreitag, an dem uns Alden die Götter dämmern lässt.

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