5.000 Euro als Geburtstags-Geschenk sind an sich keine üble Sache. Aber Rudresh Mahanthappa hatte wohl mit mehr gerechnet: mit der doppelten Summe nämlich und dem Gewinn des „BMW Welt Jazz Awards“. Immerhin gab es ein vielstimmiges Ständchen für den Saxofonisten, der sich an seinem Ehrentag dem Kollegen Maciej Obara geschlagen geben und mit dem zweiten Platz beim Wettbewerb begnügen musste.
„Saxophone Worlds“ war die nun schon elfte Ausgabe des „BMW Welt Jazz Awards“ überschrieben. Als das Teilnehmer-Feld bekannt gegeben wurde, fragte sich manch einer schon, ob wirklich alle der sechs zum Wettbewerb eingeladenen Saxofonisten dem aktuellen Leistungs-Level gerecht würden. Denn auf Sopran, Alt, Tenor und Bariton wird derzeit überall auf der Welt von jungen Spielern gar Wunderliches intoniert.
Immerhin wurden die Beiden ins Finale geschickt, die da auch wirklich hinein gehörten. Als erster musste Rudresh Mahanthappa im ausverkauften Auditorium der BMW Welt um die Gunst der Jury spielten. Er wurde am Tag seines Auftritts 48 Jahre alt. In der Vita des Mannes, der derzeit die Jazz-Abteilung der Princeton University leitet, nimmt die Liste mit Auszeichnungen reichlich Raum ein. Warum muss sich ein solch arrivierter Musiker überhaupt noch dem Wettbewerb stellen? Wäre es nicht besser gewesen, den BMW Welt Jazz Award dem vielversprechenden Nachwuchs, den Rising Stars zu überlassen?
Was Rudresh Mahanthappa mit seinem Altsaxofon anstellt, ist eigentlich konkurrenzlos – doch der Amerikaner machte vielleicht einen Fehler. Seine stimmige Mixtur aus dem Bebop-Erbe Charlie Parkers, Rock und Anklängen an die Musik seiner südindischen Ahnen lief eine Stunde lang mit Überdruck, im ständigen Powerplay-Modus. Mahanthappa, der Gitarrist Rez Abbasi, der Pianist Bobby Avey, der Bassist François Moutin und der Schlagzeuger Rudy Royston ließen dem Publikum keine Chance zum Durchschnaufen.
Dem aus Katowice stammenden Maciej Obara stehen vielleicht nicht die saxofonistischen Mittel eines Rudresh Mahanthappa zur Verfügung. Doch der 37jährige lässt sein bestechendes wie nuanciertes Spiel am Altsaxofon in einer Musik aufgehen, die einen durch ihre Dynamik, durch ihre Dramaturgie, ihren Spannungsbogen, ihre emotionale Wucht einfach nicht kalt lassen kann. Wellenartig ging es in seinen Stücken auf und ab, sprengten er selbst, der Pianist Dominik Wania, der Bassist Ole Morten Vågan und der Schlagzeuger Gard Nilssen die Rahmen der Kompositionen und bauten sie mühelos wieder zusammen. Maciej Obara war der verdiente Sieger in einem BMW Welt Jazz Award-Finale, das so hochklassig war wie wenige Wettbewerbs-Endrunden zuvor.
Mit der nächsten Ausgabe des BMW Welt Jazz Awards gibt es Veränderungen, die sich wie eine sehr schlechte Idee anfühlen. Die gewohnten, liebgewonnenen sonntäglichen Matinee-Konzerte gehören nämlich der Vergangenheit an. Sie weichen dienstäglichen Abendveranstaltungen. Wegen des Mottos? Es heißt „The Melody at Night“.