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Nadine Lehner. Foto: Jörg Landsberg
Nadine Lehner. Foto: Jörg Landsberg
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Ein einsamer Dialog – Francis Poulencs „La voix humaine“ am Theater Bremen

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Wen würde die Verzweiflung einer verlassenen Frau und ihren Kampf um die Rückkehr ihres Geliebten heute noch über eine Stunde lang interessieren? Denn das ist der einzige Inhalt der 1959 uraufgeführten „Oper“ des französischen Komponisten Francis Poulenc, seinem letzten Bühnenwerk nach einem Text von Jean Cocteau.

Noch dazu ist es nur ein Monolog, die Frau telefoniert mit ihrem ehemaligen Partner. Nur die Störungen in der Telefonleitung, zur Zeit der Uraufführung durchaus realistisch, nehmen einen regelrecht dramaturgischen Stellenwert ein, in dem die Ängste, Unsicherheiten, Hoffnungen der namenlosen Frau Konturen bekommen. Denn nur sie ist zu hören, was der Partner sagt, in dem er sie offensichtlich auch anlügt, ahnen wir nur aufgrund ihrer Reaktionen: „Ich spiele kein Theater!“ oder „Klag mich doch nicht an!“ sagt sie zum Beispiel. Er hat wohl längst eine neue und fährt nun mit ihr nach Marseille.

Die Bremer Aufführung dieses „einsamen Dialoges“ (Dramaturgin: Isabelle Becker) ist die erste Regiearbeit von Vivien Hohnholz, aber man kann sicher sein, dass es eine mit der Sängerin gemeinsam gefundene Spurensuche nach den Gefühlen einer verlassenen Frau ist. Die Akzente, die beide setzen, realisiert Nadine Lehner überragend: eine Aufführung ohne eine fabelhafte Schauspielerin ist ohnehin gar nicht denkbar. Und so war denn auch dieses Stück im Fokus der Progamm-Planer*nnen, noch ehe es Corona gab.

Die zwischen Dur und Moll schwankende tonale Musik von Poulenc – ein Jahr später gab es „Intolleranza“ von Luigi Nono, György Ligetis „Atmosphères“ und Pendereckis „Anaklasis“ beispielweise – ist dennoch mehr als nur untermalend und der Pianist und musikalische Leiter der Aufführung Kilian Farrell wartete mit einem beeindruckenden Atmosphäre- und Farbenreichtum auf: die Musik erfüllt vielerlei Funktionen von der Lautmalerei (das Telefonklingeln) bis zu expressiven, aufdeckenden Emotionen, die zwischen den Worten liegen. Immer auch mit einer gehörigen Portion Ironie, die in aller Musik von Poulenc, der sich einmal einen Landpfarrer nannte, so reichhaltig steckt. Und die hilft, bei aller fürchterlichen Tragik – der Untertitel: „lyrische Tragödie in einem Akt“ – der Szene, Distanz wahren zu können. Dies leisteten die beiden Frauen und der Pianist auch absolut gekonnt, besonders Lehner mit unendlich vielen Zwischentönen zwischen aggressiver Sprache und wunderschönen Kantilenen: immer realistisch, aber nie aufgesetzt oder gar larmoyant. Und damit wird ein sehr privates Thema eben doch immer wieder aktuell. Obschon Lehner wirklich hervorragend spricht, es ist einfach eine Sopranpartie, die zu großen Teilen leider nicht zu verstehen ist: Untertitel wären da hilfreich gewesen.

  • Die nächsten Aufführungen: 13. und 23.11. 2020 19.30 im Theater Bremen

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