Der BMW Welt Jazz Award war von Anfang an international ausgerichtet. Die 11. Ausgabe dieses Wettbewerbs ist etwa mit Musikern aus Polen, Norwegen, Frankreich, Kanada, Brasilien, Israel, Estland, Dänemark, Pakistan oder den USA besetzt. Ein Künstler, der nun auf die Final-Teilnahme, das Preisgeld und den Pokal hoffen darf, hatte allerdings eine ziemlich kurze Anreise: Matthieu Bordenave, Wahl-Münchner mit südfranzösischen Wurzeln, stellte sein Projekt „Archipel“ im Doppelkegel vor.
Es ist immer ein wenig problematisch, wenn Instrumental-Musik sich auf Literatur bezieht, die dem Zuhörer unter Umständen nicht vertraut sein kann. In Deutschland ist der Lyriker René Char (1907–1988) ein weitgehend Unbekannter. In Frankreich aber kennt fast jedes Kind seine Aphorismen-reiche Dichtkunst, die sogar Komponisten wie Pierre Boulez inspirierte.
Der aus Südfrankreich stammende Münchner Saxofonist Matthieu Bordenave machte das bei seinem Matinee-Konzert im Doppelkegel sehr geschickt und einfühlsam: in seinen Ansagen brachte er dem aufmerksamen Publikum das Wesen, die Biografie, die literarischen Besonderheiten des Mannes nahe ... manch einer der Anwesenden wird sich nach dem Konzert vielleicht sogar mit René Char befasst haben.
Wenn das so ist, lag es aber bestimmt auch an dieser zarten und doch so intensiven, fast soghaften Musik, die Matthieu Bordenave für sein Programm „Archipel“ komponiert hat. Mit unendlich viel Gefühl setzte er sich auf die Fersen der Verse, die Char einst zu Papier und zum Leben brachte. Oft klang es, als wenn ein Herbstwind durch die Felder streicht und die Seele wärmt. Was Matthieu Bordenave, der Pianist Florian Weber und der Schweizer Bassist Patrice Moret spielen, besitzt mal etwas Tröstliches, Sanftes, lässt aber auch unergründliche Geheimnisse und leicht unheilvolle Schattierungen durch das Rund des Saales schweben.
In der Pause war durchaus Kritik zu vernehmen: die Musik sei zwar sehr schön, dann aber doch etwas zu gleichförmig. Gleichförmig? Nein, eher konsequent. Und sie war trotz der ätherischen Grundstimmung ausgesprochen dynamisch. Sie ist wie ein nicht endender tiefer Atemzug. Jedes Hecheln hätte sie aus dem Gleichgewicht gebracht.
Und um bei René Char zu bleiben – der Auftritt von Matthieu Bordenaves „Archipel“ war einfach ... ein Gedicht.
Am 10. März wird der BMW Welt Jazz Award mit einem Matinee-Konzert der estnischen Saxofonistin und Komponistin Maria Faust fortgesetzt, die gleich zwei Bassisten, einen Pianisten, eine Cellistin sowie einen Zweitsaxofonisten mitbringt und auf einen Schlagzeuger verzichtet.