Im Registerband des alten MGG finden sich interessante Gedanken über Enzyklopädien an sich mit dem Schluss, eine Fortführung sei ausgeschlossen. nmz-Leser wissen, dass es anders kam – und auch Weltmusik ist von einer gewissen Gigantomanie nicht verschont geblieben.
Im Registerband des alten MGG finden sich interessante Gedanken über Enzyklopädien an sich mit dem Schluss, eine Fortführung sei ausgeschlossen. nmz-Leser wissen, dass es anders kam – und auch Weltmusik ist von einer gewissen Gigantomanie nicht verschont geblieben.Pete Seegers und Woody Guthries langjähriger Weggefährte Alan Lomax begann um 1930 mit musikalischer Feldforschung in den USA, zunächst als Helfer seines Vaters, später eigenständig als Leiter des Volksmusik-Archivs der Library of Congress, und als solcher praktisch in der ganzen Welt. Sein Traum wurde schließlich ein Macintosh-Computer, bei dem man eine Weltkarte an beliebiger Stelle anklickt, Musik von dort hört und Verweise auf Ähnliches von anderswo erhält. Der gut 80-Jährige wird das Werk wohl nicht mehr vollenden; dafür veröffentlicht die Firma Rounder (Import in-ak) als „The Alan Lomax Collection“ sukzessive über 100 CDs, dazu diverse Sampler. Nur: wer soll das alles kaufen? Sammlung um der Sammlung willen? Historische Aufnahmen aus den Südstaaten beispielsweise sind sicher interessant, werden hier aber nicht zum ersten Mal veröffentlicht. Flamenco, Südsee et cetera hat der Sammler ohnehin schon im Schrank, und Konkurrenzprodukte gibt es in Hülle und Fülle, nicht zuletzt bei Smithsonian/Folkways (Import Koch). Der Gedanke an „Die Echosammlung“ von Mark Twain drängt sich auf.Eine „enzyklopädische Musikweltkarte“ gibt es inzwischen im Berliner Ethnologischen Museum, und das „Hörfutter“ dazu stammt aus dem „Berliner Phonogramm-Archiv“, welches im vergangenen Jahr auf hundertjähriges Bestehen zurückblickte. Stolz präsentiert man etwa einen Bestand von Tausenden alter Walzen aus den Kindertagen der Phonographie – ein Thema für Phonofetischisten, Musikethnologen und andere. Auf deutsch und englisch ist dazu „Das Berliner Phonogramm-Archiv 1900 – 2000“ erschienen (VWB Berlin 2000, gebunden, illustriert, zirka 264 S., 78 Mark) mit historischen und aktuellen wissenschaftlichen Betrachtungen zum Thema, zur Technik und zu den Beständen. Zu hören gibt es passend vier CDs im Schuber mit hervorragender englischer Dokumentation: „Music! The Berlin Phonogramm-Archiv 1900–2000“ (Wergo SM 1701 2) vom rauschenden Mono bis zum digitalen Stereo.
In historischer Folge geht es mehrmals um die Welt, und wer sich durch die ältesten Beispiele gequält hat, wird schon durch die bunte Auswahl reichhaltig belohnt. Eher populärwissenschaftlich angelegt ist der von zahlreichen Autoren erstellte „Rough Guide Weltmusik“ (Metzler Stuttgart 2000, ca. 900 Seiten, 592 s/w-Abb., kartoniert, 58 Mark). Doch trotz gelegentlich schlechter Übersetzung aus dem Englischen (zum Beispiel bei Fachausdrücken), trotz einiger weißer Flecken auf der Weltkarte (Italien etwa fehlt ganz, von Frankreich wird nur die Bretagne berücksichtigt) und trotz manchmal nur halb richtiger Informationen (so u.a. bei arabischer Musik): Dieser lang angekündigte Band mit seiner atemberaubenden Detailfülle ist gleichermaßen Lektüre wie Nachschlagewerk. Diskografien, Glossare runden die gut 70 Beiträge ab.