Am Anfang waren es fünf Konzerte, dann acht in drei Tagen und seit einigen Jahren vierzehn in vier Tagen. Immer zu Pfingsten strömen gut 8.000 Besucher nach Regensburg, um die Konzerte der Tage Alter Musik zu hören. Die Altstadt, die seit 2006 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, bietet dazu ideale Voraussetzungen: alte Kirchen, historische Konzerträume. Und genau das haben sich Ludwig Hartmann, sein Bruder Christoph und Stephan Schmid vor 25 Jahren zu Nutze gemacht. Sie wollten Alte Musik in den passenden Räumen darbieten und gleichzeitig dem gängigen Musikbetrieb etwas entgegensetzen: Nicht der Glamourfaktor, nicht das Sehen und Gesehenwerden sollten im Vordergrund stehen, sondern die Musik.
Nach anfänglichen Problemen stellt die Stadt inzwischen die Räumlichkeiten für Proben und Konzerte kostenlos zur Verfügung und hat auch das Festival im Jubiläumsjahr mit 57.000 Euro unterstützt. Der Freistaat gab 20.000 Euro, dazu kamen noch Geld von den Rundfunkanstalten für deren Mitschnitte und Geld von anderen Sponsoren. Der Löwenanteil des Budgets wird durch die Kartenverkäufe erreicht. Trotzdem fragt man sich: Wie geht das zusammen, kleines Budget und große Namen?
Neben den unbekannten Ensembles – die natürlich billiger zu haben sind, die aber für den Veranstalter auch ein Risiko darstellen, weil man ja nicht weiß, ob sie wirklich das halten, was die Demo-CD verspricht – hört man auch die weltberühmten Interpreten. Paul Holzgartner, Geschäftsführer und einziger Festangestellter der Tage Alter Musik, erklärt: „Die Forderung mag mal lauten: 15.000, und wir sagen: 5.000 Euro. Und das machen die. Da kommen dann so viele Anschlusskonzerte für sie zustande, so viel PR ist für die das wichtige Nebenprodukt – das lohnt sich einfach für die Gruppen.“ Das zeigt den Stellenwert der Tage Alter Musik. Die Szene weiß inzwischen, dass man in Regensburg keine hohen Gagenforderungen stellen kann, trotzdem spielt man dort, denn die Wirkung ist viel nachhaltiger als ein einmal gezahltes Honorar.
So kommt es, dass im Jubiläumsjahr Größen wie „Zefiro“, „Le Poème Harmonique“, „La Risonanza“, „Discantus“ oder „La Venexiana“ zu hören waren. Dazu gab es vier Deutschlandpremieren. Einzig die „Capella Incognita“ aus Österreich blieb hinter den Erwartungen zurück und lieferte ein Konzert auf geradezu studentischem Niveau ab. Einige schöne Momente, aber viele Intonationsprobleme, vor allem dann, wenn es um Pianoschlüsse ging. Zu wenig große Bögen, zu wenig Innenspannung in den musikalischen Phrasen trübten das Konzerterlebnis. Von den anderen Newcomern überzeugte vor allem die kanadische Gruppe „La Rota“. So sauber, mit einer unglaublichen Feinabstimmung bei den Übergängen zwischen den einzelnen Musikern, so mitreißend hat schon lange keine Gruppe mehr mittelalterliche Musik gespielt. Ganz hervorragend Tobie Miller, die Blockflöten und Drehleier auf gleich hohem Niveau beherrscht wie den Gesang. Das erlebt man selten. Und auch wenn die Sängerin Sarah Barnes manchmal die so anschaulichen Texte aus der Zeit Philipps IV. noch ein wenig expressiver hätte darbringen können, war dieses Konzert ein echter Höhepunkt.
Und die arrivierten Ensembles? Sie hielten, was ihr Name versprach. „Zefiro“ spielte Händels Feuerwerksmusik so überzeugend, da brauchte es kein Feuerwerk, um dieser Musik noch mehr Erhabenheit zu geben. Man spürt, dass ihr Leiter, Alfredo Bernardini, Oboist ist, denn die Musik atmet und schwingt, alles ist durchsichtig und sehr plastisch musiziert. „Le Poème Harmonique“ aus Frankreich bot das Programm mit Musik des 16. Jahrhunderts, das man auch schon auf ihrer letzten CD genießen konnte. Live ist es aber ein noch größeres Vergnügen! Ein großes Plus dieser Tage Alter Musik ist auch die Vielfalt der Programme jenseits eines Mottos oder Schwerpunktes. Und wo kann man so unterschiedliche Leiter und Cembalisten wie Fabio Bonizzoni und Lars Ulrik Mortensen direkt miteinander vergleichen? Beide hatten Musik von Georg Friedrich Händel mitgebracht. Bonizzoni interpretierte „Il Trionfo del Tempo e del Disinganno“ mit einer erwartet überzeugenden Nurial Rial in der Titelpartie und einer ebenbürtigen, ebenso faszinierenden zweiten Sopranistin, Yetzabel Arias Fernandez. L
ars Ulrik Mortensen und Concerto Copenhagen spielten Händels Concerti grossi sehr kantig, aber nicht hölzern, sondern ausdrucksstark. Besonders schön: Mortensens einfallsreiches Continuospiel. Seine wunderbar prägnant gesetzten Überleitungen, seine Ideen bei den Wiederholungen waren belebend und stachelten die ihn umgebenden Musiker an. Am Ende waren die 25. Tage Alter Musik mal wieder ein Fest. Das Konzept: Ein kompaktes Festival, das ohne zusätzliche Kurse oder Workshops auskommt, aber mit einer breit gefächerten Instrumentenausstellung mit über 60 Ausstellern punkten kann. Dazu abwechslungsreiche Programme und eine gute Mischung aus arrivierten Ensembles und Newcomern, auch aus Übersee. Und dabei soll es auch bleiben, sagen die Verantwortlichen. In der heutigen, auf Event und Happening programmierten Zeit ein eher gediegenes Konzept, aber eines, das sich durch Qualität bewährt hat und beim Publikum ankommt. Und das seit 25 Jahren.
Sendetermine der Konzertmitschnitte
Deutschlandfunk: 28. Juli 2009, 21.05 Uhr (Ludus Modalis)
Bayern 4 Klassik: 6. Juli 2009, 18.05 Uhr (La Chapelle Rhénane), 8. Juli 2009, 18.05 Uhr (La Rota), 10. Juli 2009, 18.05 Uhr (Concerto Copenhagen), 20. Juli 2009, 20.05 Uhr (Zefiro Baroque Orchestra)