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Die Orgel der Firma Furtwängler & Hammer von 1899 in der St. Nicolai-Kirche in Lüneburg. © Ralf-Thomas Lindner (Screenshot aus „16 Minuten. 11 Orgeln. 1 Merkel – Orgeln der Romantik in der Lüneburger Heide und im Hannoverschen Wendland“)

Die Orgel der Firma Furtwängler & Hammer von 1899 in der St. Nicolai-Kirche in Lüneburg. © Ralf-Thomas Lindner (Screenshot aus „16 Minuten. 11 Orgeln. 1 Merkel – Orgeln der Romantik in der Lüneburger Heide und im Hannoverschen Wendland“)

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Filmische Vermessung von Orgellandschaften: 16 Minuten. 11 Orgeln. 1 Merkel – Orgeln der Romantik in der Lüneburger Heide und im Hannoverschen Wendland

Vorspann / Teaser

Wir leben in einer Zeit, in der auch das „klassische“ Konzerterlebnis (Auf der einen Seite die Musiker, auf der anderen das Publikum. Wenn die einen Musik machen, sind die anderen still, wenn die Musik aufhört, applaudieren die Anderen.) neue Präsentationsformen sucht. Oder: Wir leben in einer Zeit, in der alles einen „digitalen“ Anteil bekommen soll. – Das neue Orgelvideo aus der Lüneburger Heide und dem Hannoverschen Wendland bietet von allem etwas. Dabei muß man nicht zuhause auf dem Sofa sitzen und zuhören, man kann es auch als klingenden Reiseführer auf dem Smartphone mitnehmen.

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Auf den ersten Blick ist es scheinbar „nur“ ein Orgelvideo, wie es mittlerweile so viele im Internet gibt: das jüngst erschienene Video „16 Minuten. 11 Orgeln. 1 Merkel – Orgeln der Romantik in der Lüneburger Heide und im Hannoverschen Wendland“. Tatsächlich aber werden hier mit filmischen Mitteln ein Stück Musik und eine ganze Orgellandschaft in besonderer Weise vorgestellt und miteinander verzahnt.

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Die Choral-Studien für Orgel op. 116 (Zehn Figurationen über den Choral „Wer nur den lieben Gott lässt walten“) von Gustav Adolf Merkel (1827 – 1885) bilden das musikalische Grundgerüst des Videos. Das Thema und jede der zehn Variationen werden auf je einer anderen Orgel gespielt. Diese elf filmischen Szenen mit einem Teil des musikalischen Gesamtwerkes, einer Orgel und Bildern der Kirche und ihres Umfeldes werden aneinandergereiht. So gelingt es, 11 romantisch disponierte Orgeln aus den Regionen „Lüneburger Heide“ und „Hannoversches Wendland“ vorzustellen. Dabei entsteht aber nicht nur willkürlich zusammengebasteltes Stückwerk, sondern ein einzigartiges musikalisches Ganzes und ein durchdachter Überblick über die Orgeln der Region.

Hauptsächlich findet man in der Region Instrumente der beiden Orgelbaufirmen „Furtwängler & Hammer“ und „Eduard Meyer“, die beide im ja fast benachbarten Hannover ansässig waren. Die meisten dieser original romantisch disponierten Orgeln sind heute – nach diversen Umbauten über die Jahre – wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückgeführt worden und wertvolle Klangdokumente ihrer Epoche. Neben diesen historischen Orgeln findet man auch Neubauten der Firmen Eule (Bautzen) und Hillebrand (Isernhagen) – bis auf Eule also „heimische“ Orgelbaufirmen. [NB: Das heißt nicht, dass es nicht auch noch Orgeln anderer Orgelbauer in der Region geben würde. Es wurden letztlich – aus welchen Gründen auch immer – eben nur diese 11 berücksichtigt.] Leider werden zu den Orgeln im Film keinerlei Angaben gemacht – das ist für den interessierten Orgelfreund ein großes Manko.

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St. Marien in Tripkau. Die Orgel mit 9/I stammt von einem unbekannten Erbauer des 18. Jahrhunderts. © Ralf-Thomas Lindner (Screenshot aus „Barockorgeln in der Lüneburger Heide und im Hannoverschen Wendland. 10 Orgeln. 8 Minuten. 1 Buxtehude.“)

St. Marien in Tripkau. Die Orgel mit 9/I stammt von einem unbekannten Erbauer des 18. Jahrhunderts. © Ralf-Thomas Lindner (Screenshot aus „Barockorgeln in der Lüneburger Heide und im Hannoverschen Wendland. 10 Orgeln. 8 Minuten. 1 Buxtehude.“)

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Der vorliegende Film ist quasi ein 2. Teil zu einem Video, das schon im Jahr 2022 entstanden ist – ebenfalls produziert vom Lüneburgischen Landschaftsverband und dem Verein Nomine aus Stade. Damals hatte man sich in derselben Region den barocken Orgeln zugewandt und dazu eine barocke Komposition (Dietrich Buxtehude: Magnificat primi toni BuxWV 203) als musikalische Klammer gewählt. Nimmt man beide Videos zusammen, hat man einen guten Überblick über die in der Region vorhandenen Instrumente – das ist umso praktischer, als viele Kirchen leider verschlossen sind und man die Orgeln so meist nur im Gottesdienst noch sehen und hören kann.

Die Idee kommt aus Norwegen

Die Idee zu diesen Videos hat der Organist Torsten Ahlrichs (designierter Kreiskantor der Kirche Ss. Cosmae et Damiani in Stade) aus Norwegen mit nach Deutschland gebracht. Dort hatte der Organist Nils Henrik Asheim der „Concert Hall“ in Stavanger im Südwesten von Norwegen bereits 2016 ein sehr ähnliches Video („16 orgler på 6 minutt. Orgelparken i Stavanger-Området“ produziert. Asheim nennt dieses Video „chaconne video“, weil es Johann Caspar Ferdinand Fischers „Chaconne in F“ als musikalisches Grundgerüst verwendet.

Über sein Projekt sagt Asheim: „I was organizing a 3-day international festival ‚Orgelkraft‘ in my concert hall in Stavanger and wanted to do something to include the local organ milieu, in a way that would celebrate the ordinary day-to-day activity and environment of these organists. I feel we have a strong colleague relationship between organists. We have a solidarity spirit, we lend our instruments to eachother. At the same time there are differences, not the least there are inequalities of resources available. In such a ‚chaconne‘ video we give each organist exactly the same possibility and the same exposure, regardless of the status, small or large organ, village or city.“

Mag man bei der Idee der beiden obengenannten deutschen Videos manche Frage zur Aufführungspraxis, zum Tempo, zur Stimmung der Instrumente usw. gehabt haben, konnten diese Produktionen auf die Erfahrungen Asheims zurückgreifen: „It was more easy than expected to create the film. We agreed on a metronome marking, distributed the variations of the chaconne and gave some general ideas about registrations. I was afraid that differences in tuning, pitch, voicing and acoustics would create ugly transitions, but that's where we were surprised. The small differences from one church to the next just worked as gentle markers of the change of site, and represented no problem.“

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Die Áskirkja in Reykjavík. © Ralf-Thomas Lindner (Screenshot aus „Gakk inn í Herrans helgidóm – Orgelin í Reykjavíkurprófastsdæmi vestra“)

Die Áskirkja in Reykjavík. © Ralf-Thomas Lindner (Screenshot aus „Gakk inn í Herrans helgidóm – Orgelin í Reykjavíkurprófastsdæmi vestra“)

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Für das neue romantische Orgelvideo kündigt der Landschaftsverband ausdrücklich „atemberaubende Drohnenaufnahmen der Gegenden rund um die Kirchen in herbstlicher Kulisse“ an, die das „Hör- und Seherlebnis“ abrunden. Auch die Umgebung, aber insbesondere die Kirchen und ihre Innenräume, waren für Asheim bereits ein Thema: „The film becomes not only a documentary of instruments but also of the wonderful cultural heritage and resource represented by the church spaces. And just nowadays, we need to show this to people. Many are not aware, they do not get much into churches and this treasure gets hidden tot hem.“

Weitere Orgelvideos:

Insgesamt sind weltweit bisher neun Videos nach diesem Konzept (ein Stück Musik, eine Orgellandschaft) produziert worden. Alle sind sie ausdrücklich sehenswert!

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