Die Wahrnehmung von Kunst ist untrennbar verbunden mit der Kunst der Wahrnehmung. Das eine bedingt das andere, ist Ursache und Wirkung zugleich. Denn so wie Kunst unsere Wahrnehmung zu verändern vermag, wird sie ihrerseits erst durch eine bestimmte Wahrnehmungshaltung überhaupt als Kunst wahrgenommen. Insofern lassen sich die dynamischen Veränderungen, die sich während der vergangenen 700 Jahre in der europäischen Musikgeschichte ereigneten, nicht nur wie üblich als Werk-, Kompositions-, Problem-, Kultur- und Sozialgeschichte beschreiben, sondern auch als eine Geschichte des Hörens.
Außermusikalische Entwicklungen wie Industrialisierung, Motorisierung, Verstädterung und Verkehrslärm wirken sich dabei auf das Hören ebenso aus wie die Verbreitung moderner Aufnahme-, Speicher- und Reproduktionstechnologien. Nach den Massenmedien Radio und Fernsehen sowie diversen Tonträgern zeichnet sich gegenwärtig im Zuge der Digitaltechnologie und des Internets eine Epochenwende ab.
Die universelle Verfügbarkeit jeglicher Information jeder Zeit und überall hat zwangsläufig Auswirkungen auf Kommunikationsverhalten und Konzentrationsfähigkeit. Schon Film und Fernsehen ließen mit immer schnellerer Schnittfolge die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne schrumpfen. Jetzt ersetzen soziale Medien und Netzwerke wie YouTube, Myspace, SoundCloud, Facebook und Blogs und weitere die sonst zum Musikhören nötige „Passivität“ des Rezeptionsverhaltens vielfach durch Interaktion und Partizipation.
Oft genug tritt an die Stelle der Rezeption fremder Produktionen die Präsentation eigener Produkte und verdrängt das Von-Anderen-Wahrgenommen-Werden-Wollen zunehmend die Wahrnehmung von Inhalten Anderer. Die digitale Informationstechnologie ermöglicht damit ganz konkret, was Josef Beuys in den 1960er Jahren noch als Utopie formuliert hatte: „Jeder Mensch ist ein Künstler.“ Und so wie im Internet Musikhören immer häufiger mit dem Sehen von Bildern, Fotos, Filmen und Animationsgraphiken verbunden ist, wird auch das alte Gesamtereignis Konzert immer häufiger multimedial auskomponiert.
Das Festival für Neue Musik „Salzburg Biennale“ unter Leitung von Heike Hoffmann präsentiert unter dem Motto „Szenenwechsel“ Musiktheater, Tanz und Performance sowie neue Werke von Beat Furrer, Wolfgang Mitterer, Gerhard E. Winkler, Klaus Ager sowie in einem eigenen Schwerpunkt gleich zwei Novitäten von Rebecca Saunders.
Die zwölfte Ausgabe des von Matthias Osterwold programmierten Festivals MaerzMusik in Berlin bietet neben Schwerpunkten auf Schlagzeug und Musik aus der Türkei, Levante und dem Maghreb den Fokus „Minidrama – Monodrama – Melodrama“ mit neuen Musiktheaterwerken sowie Klanginstallationen, Filmmusiken und Kompositionen in Kombination mit Elektronik, Video und Film. Uraufgeführt werden dabei vom 15. bis 24. März Werke von Marcelo Aguirre/Jens Brand, Taylan Cihan, Gene Coleman, Thomas Meadowcroft, Chico Mello, Iyad Mohammed, Matthew Shlomowitz, Onur Türkmen und Christian Wolff. Die annahuber-compagnie bringt am 21. März ein neues Tanzprojekt mit Musik von Isabel Mundry erstmals auf die Bühne der Dampfzentrale in Bern.
Weitere Uraufführungen
2.3.: Moritz Eggert, Ablenkungsmanöver für Fagott und Klavier, Elisabeth-Schneider-Stiftung Freiburg/Breisgau
8.3.: Pascal Dusapin, Aufgang für Violine und Orchester, Musik der Zeit des WDR, Kölner Philharmonie
13./14.3. und 20.4: Brigitta Muntendorf, Dariusz Prszybylski, Steingrimur Rohloff, neue Werke für die Internationale Ensemble Modern-Akademie, Musikhochschule Freiburg
17.3.: Jarek Płonka und Robin Hoffmann, neue Werke, musikFabrik im WDR Köln
20.3.: Gary Berger, Neues Werk mit Experimentalstudio des SWR, Radiostudio Zürich
22.3.: Johannes Nied und Michael Edwards, neue Werke für ensemble aventure, Elisabeth-Schneider-Stiftung Freiburg/Breisgau